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Späte Rache

Bundestag Hausfriedensbruch oder Kunstführung? Anzeige gegen Zentrum für politische Schönheit

Die beiden Parteien sind sich gegenseitig bestens bekannt

BERLIN taz | War es eine Kunstführung oder eine Straftat? Die Polizei des Deutschen Bundestags hat nach Angaben des „Zentrums für Politische Schönheit“ Anzeige gegen dessen Leiter Philipp Ruch erstattet. Vorwurf: schwerer Hausfriedensbruch.

Dabei sollte am Samstag doch nur eine kleine Kunstführung stattfinden. So zumindest ist es im Spielplan des Berliner Maxim Gorki Theaters notiert. Das Zentrum, das immer wieder mit provokanten Aktionen für Furore gesorgt hatte, wollte mit Kunstinteressierten an die Schauplätze ihrer Aktionen fahren. Eine Anlaufstelle war der Bundestag.

Dort hatten die Aktionskünstler Ende 2014 zum 25. Jahrestag des Mauerfalls Gedenkkreuze zur Erinnerung an die Mauertoten entwendet – und anschließend neu kontextualisiert (die taz berichtete). Damit einher ging der Hinweis, wie fahrlässig der Bundestag sein vermeintlich so wichtiges Denkmal gesichert hatte, wenn es möglich war, es einfach abzuschrauben und mitzunehmen. Kein Wunder also, dass Bundestagspräsidium und die hauseigene Polizei nicht sonderlich gut auf das Zentrum und dessen Leiter Philipp Ruch zu sprechen sind. Als er am Samstagnachmittag wieder da war, setzte die Polizei ihn fest – und mit ihm rund 30 Kunst­interessierte, die der Führung folgten.

Nach Teilnehmerangaben hielt die Polizei die Gruppe über zwei Stunden lang eingekesselt fest und nahm Personalien auf. Als der Bus der Gruppe abfuhr, weil es dem Busfahrer zu viel wurde, dämmerte den Kunstfreunden: Es würde eine besondere Führung werden. Zwischenzeitlich versuchte gar die Intendantin des Gorki Theaters, Shermin Langhoff, vor Ort zu vermitteln.

Zuvor hatte Ruch sich einem Eingang des Parlamentsgebäudes mit einer Nachbildung eines Gedenkkreuzes genähert, das er Bundestagspräsident Norbert Lammert überreichen wollte. Da war Schluss mit lustig. Die Polizei verwies auf das Demonstrationsverbot in der Bannmeile – und dann begann die späte Rache.

Das Bundestagspräsidium wollte sich auf mehrfache Anfrage bis Redaktionsschluss nicht zum Sachverhalt äußern. Martin Kaul

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