piwik no script img

Pegida bleibt unbeeindruckt

Dresden Ein Jahr nach Beginn der montäglichen Kundgebungen: Rund 15.000 Mitläufer der rechtsextremen Gruppe demonstrieren am Abend gegen „Feinde des deutschen Volkes“

Staatsanwalt prüft Facebook

Anzeige:Die Staatsanwaltschaft Hamburg prüft eine Anzeige gegen das Manager des sozialen Netzwerks Facebook wegen Volksverhetzung. Es sei nach dem Eingang der Anzeige routinemäßig ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden, sagte eine Sprecherin der Behörde am Montag. „Wir sind noch in der Phase, in der wir den angezeigten Sachverhalt überprüfen.“ Ein inhaltliche Bewertung gebe es noch nicht.

Löschen: Der Würzburger Anwalt Chan Jo Jun hatte die Anzeige erstattet. In seinem Schreiben werden Vorwürfe gegen drei namentlich genannte ranghohe nationale und internationale Face­book-Manager erhoben. Ihnen wird vorgeworfen, dass Hassbotschaften auch nach Hinweisen zunächst nicht gelöscht wurden. „Facebook versucht immer, so zu tun, als ob nichts getan werden könnte“, sagte der Fachanwalt für IT-Recht. „Dabei zeigen andere Fälle, dass Face­book sehr wohl Inhalte löschen kann, wenn sie es möchten.“

DRESDEN taz | Der Jahrestag des ersten Pegida-Aufzugs in Dresden zog am Montagabend etwa 15.000 Menschen auf den Thea­terplatz vor der Semperoper. Der Platz war dennoch nur etwa zur Hälfte gefüllt, die Teilnehmerzahl erreichte trotz des im Herbst wieder gewachsenen Zuspruchs den Höhepunkt vom Dezember 2014 nicht mehr.

Die Pegida-Organisatoren hatten zu einer stationären Kundgebung aufgerufen und auf den üblichen „Abendspaziergang“ verzichtet. Denn auf fünf weiteren benachbarten Plätzen der Innenstadt endeten fünf Sternläufe, zu denen das Bündnis „Herz statt Hetze“ aufgerufen hatte. An ihnen nahmen nach ersten Schätzungen etwa 10.000 Bürger teil, darunter zahlreiche von der Leipziger No-Legia-Bewegung angereiste Gäste.

Pegida-Anführer Lutz Bachmann wurde auf der mit Blumen geschmückten Bühne lautstark begrüßt. „Lutz, halte durch!“, versuchten ihn Plakate angesichts der gegen ihn laufenden Anklage wegen Volksverhetzung zu unterstützen. Vor der Bühne drängten sich die ­üblichen Plakate. Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel wurden als „Feinde des deutschen Volkes“ beschimpft, die „einen Vernichtungsfeldzug gegen uns führen“. Die Menge skandierte die bekannten „Merkel muss weg“-Rufe. Andere wollten das „Politikerpack in den Gulag“ schicken. Auffällig viele Plakate bedankten sich bei den Ungarn und ihrem Ministerpräsidenten Orbán. Nach Insiderinformationen sollte Marine Le Pen, Vorsitzende des Front National, als Gastrednerin eingeladen werden, sagte aber ab. Zu Wort kam der türkischdeutsche Schriftsteller Akif Pirinçci, 2014 mit seinem Buch „Deutschland von Sinnen“ erfolgreich. Weniger erfolgreich war sein Bonner Pegida-Ableger Bodiga. Er ist seit einigen Jahren ins na­tionalkonservative Spektrum gerückt und hetzt auf seiner Website „der-kleine-Akif“ gegen „Invasoren, Umvolkung und Verschwulung“. Mit Ausnahme der AfD hatten sich alle Frak­tionsvorsitzenden des Dresdner Stadtrats eindeutig von Pegida distanziert. Diese Demonstranten könnten nicht für 534.000 Dresdner sprechen. Die Initiative zu dieser Erklärung hatte Oberbürgermeister Dirk Hilber (FDP) ergriffen. Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) setzt immer noch auf den Dialog mit den wenigen noch erreichbaren und diskursfähigen Demonstranten. Am Rande des Kundgebungsortes waren Infotische aufgebaut. Etwa 100 Anhänger der Satirepartei „Die Partei“ begrüßten Pegida-Teilnehmer mit „Happy Birthday“-Gesang und aufgesetzten Faschingshütchen. Voran schritt ein Führer mit einer um den Bauch geschnallten Geburtstagstorte. Michael Bartsch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen