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Das große Versprechen

In 15 Jahren Beim New Yorker UN-Gipfel am Wochenende erklärten Politiker aus aller Welt, wie sie den Planeten retten wollen – und was sie bisher daran gehindert habe

Aus New York Dorothea Hahn

Der Plan, dem sämtliche 193 Mitgliedstaaten der UNO zugestimmt haben, klingt schön wie ein Traum: Danach sollen unter anderem Armut und Hunger abgeschafft werden, soll es Schulen für jedes Kind und gesundheitliche Versorgung für alle Menschen geben, und alle Frauen sollen gleiche Rechte genießen.

Die insgesamt 17 Ziele (und 169 Unterziele) gelten weltweit und sollen in 15 Jahren erreicht sein. „Die Agenda 2030 ist“, so sagt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York, „das Versprechen einer besseren, sichereren, grüneren Zukunft für alle.“

Ins Gewissen geredet

Der „Nachhaltigkeitsgipfel“, der die Agenda zum offiziellen UN-Programm gemacht hat, markiert zugleich den 70. Geburtstag der am Ende des Zweiten Weltkriegs gegründeten Organisation. Es ist ein Treffen der Superlative, mit zahlreichen prominent besetzen Nebenveranstaltungen in der Stadt.

Zum Auftakt redet der Papst den rund 160 Staats- und RegierungschefInnen und zahlreichen MinisterInnen ins Gewissen, den Planeten zu retten und die „Wegwerfkultur“ zu beenden. Dem 78-Jährigen folgt die 18-jährige pakistanische Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai, die sich für Schulen für Mädchen engagiert. Nach ihr erklären SpitzenvertreterInnen sämtlicher Mitgliedsländer – ausgedehnt über zwei Tage – warum sie der Agenda 2030 zustimmen. Und woran es bei ihrer Umsetzung hapern könnte. Letzteres lässt sich in wenigen Worten zusammen fassen: politischer Wille und Geld.

Um die Agenda 2030 zu realisieren, sind nach gegenwärtigen Schätzungen jährlich rund 3,3 bis 5 Billionen Dollar nötig. Bisher haben nur wenige Länder konkrete Zahlen genannt – so hat Präsident Xi Jinping in New York angekündigt, dass China bis 2030 12 Milliarden Dollar in den Prozess investieren will.

Doch – wie die von ihr abge­lösten Millenniumsziele – hat auch die Agenda 2030 keinen verpflichtenden Charakter. Die Vereinten Nationen haben keine Möglichkeit, jene zu bestrafen, die nicht genug dafür tun.

Die Probleme sind absehbar: Da nennt Kubas Präsident das US-Embargo das größte Hindernis für die ökonomische Entwicklung seines Landes; da macht der palästinensische Politiker die israelische Besatzung für die Armut verantwortlich; da verweist die ruandische Ministerin auf den Genozid, der jemenitische Minister auf den gegenwärtigen Konflikt.

Und der neuseeländische Politiker schildert, wie sehr die kleinen Inselstaaten in seiner Region darunter leiden, dass andere Staaten ihre Fisch­gründe leeren. Neuseeland und die Europäische Union arbeiten mit mehreren dieser Länder zusammen, um ihre Energieversorgung von den in der Region extrem teuren Mineralölen auf erneuerbare Energien – insbesondere Sonnenenergie – umstellt.

Zugleich treten bei diesem Gipfel Ölstaaten mit dem Versprechen an, sich für die Nachhaltigkeit zu engagieren: Der aserbaidschanische Vertreter will dies mit neuen Öl- und Gas­pipelines tun. Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen ihre „Nachhaltigkeits-Erfolgsgeschichte“ unter anderem mit „sicheren Atomkraftwerken“ fortsetzen. Auch vor diesem Hintergrund weisen ExpertInnen außerhalb der UN auf widersprüchliche Ziele innerhalb der Agenda hin, die beispielsweise für bestimmte Regionen ein Wirtschaftswachstum von 7 Prozent postuliert und gleichzeitig einen geringeren Verbrauch von Ressourcen fordert.

Deutsche Projekte

Bundeskanzlerin Angela Merkel verfolgt mehrere Projekte auf dem Nachhaltigkeitsgipfel: Einerseits stellt sie zusammen mit der norwegischen Premierministerin und dem Präsidenten von Ghana eine Initiative vor, die Lehren aus der Ebola-Krise zieht. Mit der finan­ziel­len Unterstützung der Gates-­Stiftung wollen sie die medizinische Grundversorgung und die Erfassung von Gesundheitsdaten verbessern, damit es bei der nächsten Epidemie weniger Panik und bessere Koordination gibt.

Zudem arbeitet Merkel an der weltweiten Verbesserung der Telekommunikation. Sie bespricht das Thema bei einem Essen mit VertreterInnen von 23 am wenigsten entwickelten Ländern, aber auch beim Treffen mit Face­book-Gründer Mark Zuckerberg, der für Internetzugang für alle eintritt. Daneben stehen zwei anderen Themen ganz oben auf der Liste der Kanzlerin in New York: Die europäische Flüchtlingskrise und die Reform der Vereinten Nationen, die Berlin seit Langem wünscht.

Um die Ziele zu erreichen, wären jährlich etwa 3,3 bis 5 Billionen Dollar nötig

Am Samstag erklären Merkel und Spitzenvertreter aus Indien, Brasilien und Japan, dass der Weltsicherheitsrat mit seinen fünf permanenten Mitgliedern längst nicht mehr der Zeit entspricht. Auch wenn es um die in der Agenda 2030 postulierten Ziele geht, sind die festen Mitglieder des Weltsicherheitsrats nicht unbedingt vorbildlich. In einem von der Bertelsmann Stiftung erstellten Nachhaltigkeits­index stehen die USA erst an 29. Stelle. Am besten vorbereitet sind Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland und die Schweiz, gefolgt von Deutschland.

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hüpft, so beschreibt er es selbst, „wie eine Heuschrecke“ von einem Treffen zum nächsten. Er sagt den VertreterInnen von 193 Ländern nicht nur, was er von ihnen in Sachen Nachhaltigkeit erwartet. Den Iran fordert er auch auf, sich stärker an der Lösung regionaler Konflikte zu beteiligen. Den ungarischen Präsidenten erinnert er an die Menschenrechte von Flüchtlingen. Und den chinesischen Präsidenten beglückwünscht er dafür, dass mehr als 400 Millionen Menschen in seinem Land der extremen Armut entkommen sind.

Ban spricht über Kinder- und Müttersterblichkeit, über den Zugang zu sauberem Wasser und über den Graben zwischen Arm und Reich, der sich in den vergangenen 15 Jahren trotz entgegengesetzt lautenden Millenniumszielen dramatisch vertieft hat.

Über Syrien verhandeln

Anders als der Papst sind der US-Präsident und sein russischer Amtskollege nicht zum Nachhaltigkeitsgipfel gekommen. Beide reisen erst zur UN-Generalversammlung in dieser Woche nach New York. Am Montag wollen sie sich dort treffen und einen neuen Verhandlungsversuch über Syrien starten, um ein Ende des Konflikts zu suchen, der mehr als 250.000 Menschenleben gekostet und Millionen in die Flucht getrieben hat.

Aber ihre Vorstellungen über die Gesprächspartner gehen vorerst noch weit auseinander. Moskau will auch den Iran sowie Syriens Präsidenten Baschar al-Assad mit an den Tisch holen. Am Mittwoch, im Weltsicherheitsrat, will Moskau eine entsprechende Resolution einbringen.

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