Ulrike Herrmann über Schäuble und die CDU-Spendenaffäre
: Der Rücktritt wäre fällig

Es ist zu vermuten, dass Schäuble nochweitere Details kennt, die er verschwiegen hat

Jetzt waren es also doch Flick-Millionen. In einem Dokumentarfilm hat sich Finanzminister Schäuble nebenbei zum CDU-Spendenskandal geäußert – und mit einem einzigen Satz Exkanzler Kohl bloßgestellt, der immer von „Spendern“ erzählt hatte, denen er sein „Ehrenwort“ gegeben habe, sie nicht öffentlich zu nennen. Viele Beobachter kommentieren nun erfreut bis hämisch, Schäuble hätte „späte Rache“ genommen.

Es mag ja sein, dass der Finanzminister eine Rechnung mit Kohl offen hatte. Aber es erstaunt, wie selbstverständlich es viele Kommentatoren finden, dass Schäuble Geheimwissen über die schwarzen Kassen der CDU besitzt. Das ist nicht amüsant – sondern müsste den Rücktritt des Finanzministers auslösen.

Zur Erinnerung: Zur Jahrtausendwende gab es einen Untersuchungsausschuss des Bundestages zur CDU-Spendenaffäre. Auch Schäuble wurde damals verhört. Aber damals hielt er es nicht für nötig, sein Wissen zu teilen, dass es sich um Flick-Millionen handelte. Zudem ist jetzt zu vermuten, dass Schäuble noch weitere Details kennt, die er dem Ausschuss verschwiegen hat.

Das Ausland staunt häufig, wie schnell deutsche Politiker zurücktreten. Bildungsministerin Annette Schavan verlor ihr Amt, weil sie in ihrer Dissertation nicht alle Quellen sauber angegeben hatte. Ähnliches widerfuhr Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Grünen-Chef Cem Özdemir musste zeitweilig aussetzen, weil er Flugmeilen privat genutzt hatte. Und Bundespräsident Christian Wulff trat zurück, weil er unter anderem ein Bobbycar für seinen kleinen Sohn entgege genommen hatte.

Diese Vorfälle sind Petitessen im Vergleich zu Schäuble, der im größten Parteienskandal der Bundesrepublik fast nie die Wahrheit gesagt hat. Auch Schweigen kann Lügen sein. Trotzdem ist Schäuble einer der beliebtesten Politiker. Das sagt wahrscheinlich mehr über die Deutschen als über Schäuble.

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