: „Der Abbau war radikal“
Verlagsjubiläum Die Aussichten für die nächsten 50 Jahre von Gruner + Jahr sind nicht berauschend
63, leitet das Forschungsinstitut Formatt in Dortmund. Er zählt zu den führenden Zeitungswissenschaftlern in Deutschland.
taz: Herr Röper, Gruner + Jahr feiert sein 50. Jubiläum. Ist das ein Grund zu feiern?
Horst Röper:Auf jeden Fall! Wenn sich eine Firma aus den grauen Tagen der Nachkriegszeit bis heute hält und dazwischen große Erfolge feierte – dann ist das ein Grund zum Feiern.
Oft wird vom Niedergang eines der größten Verlagshäuser Europas geredet.
Das ist berechtigt. Vor allem wenn man daran denkt, dass Gruner + Jahr in den früheren Zeiten mit Publikationen wie der Stern oder Brigitte ein Vorreiter der Branche war. Damals hat Gruner + Jahr Maßgebliches für die ganze Branche aufgezeigt. Nicht zu Letzt war das Haus, zumindest aus deutscher Sicht, der erste große Verlag, der massiv im Ausland investiert hat. In den letzten Jahren haben wir dann das Gegenteil erlebt: etliche Verkäufe von Beteiligungen im Ausland.
Mit welchen Problemen kämpft das Verlagshaus?
Zu aller erst geht es Gruner + Jahr wie allen anderen Verlagshäusern. Unternehmen, die in hohem Maße von Werbeeinnahmen abhängig sind, büßen mit der Entwicklung am Werbemarkt deutlich an Einnahmen ein. Das trifft auch bei Gruner + Jahr zu. Und das trifft das Haus schon im Kern.
Für die neue Umstrukturierung kündigte das Haus vielen seiner Mitarbeiter. So fallen bei Brigitte und der Geo-Gruppe 23 Jobs weg. War dieser Schritt nötig?
Die Verlagsleitung provozierte Veränderungen und setzte diese auch um. So wie den Abbau von Arbeitsplätzen. Etwas, das es früher bei Gruner + Jahr überhaupt nicht gegeben hat.
Musste das sein?
Ob das nötig war, muss je nach Produkten des Hauses bewertet werten. Der Abbau war radikal. Speziell die Entlassungen, die sich in den Redaktionen vollzogen haben. Ob das eine geeignete Maßnahme ist, um das Haus stabil für die Zukunft aufzustellen? Daran zweifle ich.
Warum?
Ich glaube, gerade in schwächere Produkte muss investiert werden, wenn sie noch eine Zukunft haben sollen. In den letzten Jahren haben wir bei Gruner + Jahr den Abbau von Titeln erlebt und nicht den Aufbau.
Was sollte in den nächsten 50 Jahren passieren?
Ich mache lieber keine Prognosen! Denn damit fährt man immer wieder gegen die Wand.
Interview: Stefanie Diemand
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