Kommentar Aktienkurse in Griechenland: Die Börse ist das geringste Problem

Griechenland hat ganz andere Probleme als Buchverluste an der Börse. Der absurde Plan der EU gibt wenig Anlass zum Optimismus.

Ein Mann macht ein Handyfoto vor schwarzen Anzeigetafeln

Hier nur schlechte Nachrichten: Börse in Athen. Foto: dpa

Um fast 25 Prozent sackte die Athener Börse gestern ab, nachdem sie nach fünfwöchiger Zwangspause wieder eröffnete. Aber gut – ein Buchverlust bei Unternehmensanteilen und anderen Wertpapieren ist das geringste Problem, das die Griechen haben. Ansonsten geht es nach Wochen der emotionalen Achterbahnfahrt und politischen Dramen im Moment geradezu chillig zu.

Der Machtkampf innerhalb des Linksbündnisses Syriza ist vertagt, wenn nicht entschieden: Ministerpräsident Alexis Tsipras hat im Zentralkomitee seiner Partei seine Vorschläge durchgebracht, der linksradikale Flügel ist isoliert – wohingegen die moderate linke Opposition zum Premier steht. Alles andere wäre auch verrückt.

Die Verhandlungen zwischen Gläubigern und griechischer Regierung sind jetzt in der technischen Phase und sollen bis in der zweiten Augusthälfte über die Bühne sein. Die Möglichkeit, dass es noch schiefgeht, gibt es: Finanzminister Wolfgang Schäuble, die Europäische Zentralbank, die Kommission – die wichtigsten Player der Gläubiger ziehen in verschiedene Richtungen. Aber vorausgesetzt, der Deal platzt nicht: Was dann?

Zu viel Optimismus gibt es keinen Anlass. Jeder weiß, dass das Programm, das beim Gipfel vom 12. Juli in groben Zügen beschlossen worden ist, nicht funktionieren kann. Auf der Austeritätsseite kann dieses Programm nur klappen, wenn man Papiere unterschreibt, an die man sich dann nicht hält.

Der Deal wird etwa einen Primärüberschuss im griechischen Haushalt ab 2016 von 2 bis 3 Prozent festschreiben – ein Unfug. Auch das Privatisierungsprogramm, das 50 Milliarden in die Kassen spülen soll, ist reine Fantasie. Andererseits hat man in Europa Erfahrung damit, völlig meschuggene Pläne zu verabschieden und sie dann in der Realität zu vergessen.

Der Best Case lautet also: ein Austeritätsprogramm verabschieden. Einen Teil der griechischen Schulden streichen, einen anderen Teil restrukturieren. Das Austeritätsprogramm langsam vergessen. Derweil erhält Tsipras’Regierung Zeit, endlich ein paar vernünftige Modernisierungsreformen, ja, das „Statebuilding“ in Griechenland anzugehen und ein paar Zukunftsinvestitionen zu tätigen, angeschoben mit EU-Geldern.

Das ist das Einzige, was funktionieren kann – wenn überhaupt. Mehr noch: Im Grunde weiß das jeder.

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