: Eis ohne Tier, bitte!
Veganismus Im Liberty gibt es alle Sorten, die Eisläden so führen – aber auf Sojamilch-Basis. Der Betreiber hat seiner Frau in einer Legebatterie den Heiratsantrag gemacht
von Katharina Schipkowski
„Liberty“ – der Name des veganen Eiscafés verrät es schon: Betreiber Thomas Starck kommt aus der Tierbefreiungsbewegung. „Ich habe in fast jeden großen Stall in Deutschland geguckt“, sagt der 48-jährige. Seit 15 Jahren lebt er schon vegan. Er hat für Tierrechtsorganisationen gearbeitet, hat recherchiert, dokumentiert und Aktionen vorbereitet. Heute betreibt er zusammen mit seiner Frau das erste vegane Eiscafé Deutschlands.
Im Juli 2013 haben sie den Laden am Fischmarkt 11 in Hamburg übernommen auch der Vorbesitzer hat hier Eis verkauft, allerdings noch mit Kuhmilch. Die Adresse „Am Fischmarkt“ ist TouristInnen-Hotspot Nummer eins in Hamburg: Sonntags findet hier der deutschlandweit bekannte Markt statt. TouristInnen kommen morgens um fünf auf den kopfsteingepflasterten Platz am Hafen, um sich anzugucken, wie Marktschreier Aale und Forellen verhökern. Veganes Eis passt da irgendwie nicht so richtig ins Konzept.
„Stimmt – TouristInnen sind meistens eher konservativ“, sagt die Liberty-Inhaberin Susanne Starck. Trotzdem sind ein Drittel ihrer KundInnen zu Besuch in Hamburg und der Laden läuft gut. Schließlich bekommt man auch die klassischen Sorten, Schokolade, Vanille, Erdbeer – nur eben alles auf Sojamilch oder Hafermilch-Basis. Für Probierwillige gibt es ausgefallene Sorten wie Ananas-Chili, Tomate-Basilikum, Erdnuss-Karamell oder Lakritz.
„Unser Stammpublikum sind überzeugte Veganer“, erzählt Thomas Starck, „und die kommen aus allen Teilen Deutschlands. Die finden uns – sie sind schließlich auf solche Läden angewiesen.“
Kennengelernt hat sich das Ehepaar bei der veganen Grillparty einer Freundin. Ein Jahr später haben sie geheiratet. Den Antrag hat Thomas Susanne in einer Legebatterie gemacht. „Vor 150.000 Zeugen“, wie er sagt. Erst haben sie die Hühner befreit, dann hat er sie gefragt, ob sie ihn heiraten will.
Als sie vor gut zwei Jahren den Laden übernahmen, wussten sie nicht, wie ein veganer Eisladen ankommen würde. Deshalb hielten sie die vegane Ausrichtung dezent – „Liberty - Eiscafe - Bistro“ stand nur außen dran. Erst drinnen dann der Hinweis: Jedes Eis, alle Speisen und Getränke sind vegan.
„Und dann ging der Hype los“, erzählt Susanne Starck. Seit etwa zwei Jahren schießen vegane Supermärkte aus dem Boden, in Cafés gibt es vegane Bagels und Sandwiches und selbst Discounter führen Sojamilch und Tofuwürstchen.
Die Starcks haben mittlerweile sieben Tage die Woche geöffnet und beschäftigen sieben MitarbeiterInnen. Aber von ihrem Eisladen leben können sie noch nicht. „Ist vielleicht auch ein bisschen viel verlangt, für ein zwei Jahre altes Unternehmen“, sagt Thomas Starck. Aber sie arbeiten daran und entwickeln gerade ein Ganzjahreskonzept, damit sich der Betrieb auch im Winter lohnt. Kaffee und Kuchen gibt es natürlich, aber auch Hotdogs und American Sandwiches. Alles ohne Käse, Ei und Milch versteht sich.
Susanne und Thomas Starck sind keine Lifestyle-Veganer, sondern verzichten aus ethischen Gründen auf Tierprodukte. Bei ihnen ist nichts tierischen Ursprungs, auch im Laden nicht: keine Seide, keine Wolle, kein Leder. Außerdem beziehen sie Ökostrom. Die Plastiklöffel für das Eis sind aus Bio-Plastik, die Eisbecher zu 100 Prozent kompostierbar.
Angst, dass der Vegan-Trend vorbei geht, haben die beiden nicht. Längst sind sie nicht mehr die Einzigen, die milchfreies Eis anbieten. Auch, dass die Eiskette Ben&Jerrys jetzt ein veganes Eis auf den Markt bringen will, beunruhigt Susanne und Thomas Starck nicht. Schließlich, argumentieren sie, sei ihr eigener Veganismus ja auch kein Trend, sondern eine Lebenseinstellung.
Längst sind sie nicht mehr das einzige Eiscafé, das veganes Eis anbietet. Die meisten Eisdielen haben mittlerweile eine oder zwei vegane Sorten. Meistens allerdings nur Frucht-Sorten – Sorbets sind ja quasi von Natur aus vegan.
Eine Kette wie Ben&Jerrys bediene ohnehin einen ganz anderen Produkttyp, sagen sie – eben industriell. Bei Liberty hingegen wird das Eis selbst angerührt, in einer kleinen Küche hinten im Laden.
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