: Kaffee auf Knopfdruck
Dilemma Kaffee kommt seit einiger Zeit aus Alu- oder Plastikkapseln. Was für den einen ein hipper Trend ist, ist für den anderen eine ökologische Katastrophe
von Frida Kammerer
Den Deutschen ist es fast egal, wie ihr Kaffee in die Tasse kommt. Zwar ist der Filterkaffee nach Zahlen des deutschen Kaffeeverbands die unangefochtene Nummer eins, aber in den letzten Jahren wurden die Alternativen immer beliebter: 2012 hat der Filterkaffee drei Prozent an Beliebtheit eingebüßt, während Kaffe-Kapseln 16 Prozent zulegten. Hier beginnt das Problem: Die Kapseln sind zwar praktisch, produzieren aber Berge von Müll.
Die Kapseln bieten auf ein bis zwei Tassen portioniertes Kaffeepulver, das in der Aluverpackung immer frisch bleibt und beim Brühen stets die gleiche Qualität liefert. Sie bestehen laut Deutscher Umwelthilfe (DUH) zu zwei Dritteln aus Kaffeepulver und einem Drittel aus Kunststoff oder Aluminium. Das bedeutet konkret:
Auf sechs Gramm Kaffee kommen circa drei Gramm Aluminium oder Plastik. Wenn man hochrechnet, braucht man gut 300 Gramm Aluminium für ein Kilo Kaffeepulver. Das normale Pfund Kaffee ist dabei nicht mal in reinem Aluminium verpackt, sondern in einer Mischverpackung aus aluminiumbeschichtetem Kunststoff.
„Grade bei Aluminium-Kaffeekapseln kann es zu Problemen beim Recycling kommen“, sagt Thomas Fischer, Leiter der Abteilung Kreislaufwirtschaft und Abfallpolitik bei der DUH. Die Kapsel müsse ohne Kaffeereste entsorgt werden. Sonst können sie zu Problemen in der Sortierung und später beim Einschmelzen führen.
Weitere Probleme kommen hinzu: „Plastikkapseln sind leider oft schwarz und die Infrarotscanner können schwarzen Kunststoff in der Regel nicht selektieren, weil die schwarze Farbe die Strahlen absorbiert, statt zu reflektieren“, sagt Fischer. So können sie nicht wiederverwertet werden. Außerdem dürften die Kapseln schon rein rechtlich nicht in die gelbe Tonne: Die Kapseln sind nicht als Verpackung definiert und in die gelbe Tonne dürfen in vielen Städten nur Verpackungen.
Dabei gibt es Alternativen: Die Firma Velibre aus Bremen hat sich auf ökologische Kaffeekapseln spezialisiert. Vor zwei Jahren wurde die Produktion von normalen Alukapseln auf Biokapseln umgestellt. „Ziel von Velibre war aber immer, die Entwicklung einer biologisch abbaubaren Kaffeekapsel, woran auch die letzten zwei Jahre entwickelt und gearbeitet wurde“, sagt Walter Hasenclever von Velibre. Die Produktion der biologisch abbaubaren Kaffeekapsel ist rund doppelt so teuer wie die von Kapseln aus herkömmlichen Plastik. „Ein bisschen Idealismus gehört also schon dazu“, sagt Hasenclever. „Aber auch mit unseren Kaffeekapseln ist es möglich, Geld zu verdienen.“
Auch Kapseln aus Ökokunststoffen, beispielsweise aus Zuckerrohr, sind nicht gerade umweltfreundlich. Fischer von der DUH bezeichnet sie „als größten Schwachsinn überhaupt“ und „reines greenwashing“. Die Kapseln seien zwar biologisch abbaubar, jedoch sei das nicht sinnvoll: Während man Aluminium wirklich wiederverwerten könne, würden sich die Biokunststoffkapseln in Co2 und Wasser auflösen. Dazu brauchten sie allerdings viel Zeit, weshalb der Kompostierer die Kapseln einfach aussortiere. Die Kapseln gehörten nicht in die Biotonne, sagt Fischer.
Hasenclever von Velibre hält dagegen, dass die sich Kapseln auf dem Komposthaufen im Garten auflösten und sich das gebrauchte Kaffeepulver kompostiere. Bei dem Problem mit der Biotonne sieht Hasenclever die Müllentsorger in der Pflicht, sich endlich auch um alternative Müllarten zu kümmern, die nicht in das bisherige Mülltrennsystem passen.
„Diese Kapseln kann man nur in den normalen Restmüll entsorgen, wo sie verbrannt werden“, sagt Fischer. Er empfiehlt dem Verbraucher, wiederverwertbare Kapseln zu kaufen. Diese kann man selbst befüllen. Das sei auch billiger: Selbst die günstigsten Kaffee-Kapsel-Varianten kosten 19 Cent pro Stück. Bei etwa sechs Gramm Kaffee, so Fischer, ergibt das einen Kilopreis von mehr als 30 Euro und ist damit mehr als dreimal so teuer wie normaler Kaffee aus der Großpackung.
Leider geht der Trend deutlich zu Kleinstverpackungen: Es gibt nicht nur Kaffee und Milch – etwa für Latte macchiato aus der Kapsel, sondern auch Tee und Babynahrung. Thomas Fischer legt sich fest: In den nächsten Jahren werde es auch auch weitere Produkte, wie Limonade, aus Kapseln geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen