Verkauf ist möglich

Kulturgutschutzgesetz Am Mittwoch stellte Monika Grütters den umstrittenen Entwurf vor

Georg Baselitz dürfe sich wieder beruhigen und seine Kunst im Dresdner Albertinum ruhig hängen lassen, meinte Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Bei dem gestern von ihr einberufenen Pressegespräch lag endlich der Referentenentwurf zum Schutz von Kulturgut vor Abwanderung vor. Nach Paragraf 7 der Vorlage fallen Dauerleihgaben an ein Museum dann unter diesen Schutz, wenn sie im Bestandsverzeichnis des Museums aufgeführt sind (was oft nicht der Fall ist) und wenn der leihgebende Künstler oder Sammler dem nicht widerspricht. In jedem Fall endet der Abwanderungsschutz mit Ablauf des Leihvertrags.

Das hätte dem Künstler, sagte die Ministerin, schon sein Museumsdirektor Hartmut Fischer sagen können, denn die Museen waren in die Prozess der Gesetzesnovellierung genauso eingebunden wie die deutschen Galeristen. Monika Grütters war sichtlich enttäuscht über das Verhalten der Verbände und einzelner Akteure in der jetzt hochgekochten Debatte.

Anders gesagt, man muss sich ja nicht vom Kunstsammler Mathias Döpfner und dem Springer Verlag instrumentalisieren lassen oder von einem Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler, der die Gesetzesvorlage nutzt, um in einer E-Mail gleich noch mal gegen die Künstlersozialkasse und die entsprechenden Abgaben zu polemisieren.

Polemisch wird auch gern dem Begriff des nationalen Kulturguts begegnet. Was eigentlich, fragt man sich in postnationalen Debattenzeiten, ist ein nationales Kulturgut? Recht besehen dürfte es eines sein, um das sich regional gekümmert oder das national gepflegt wird, für das es aber international individuelle Begehrlichkeiten gibt.

Nach Paragraf 1 der Vorlage ist es ein Kulturgut, das sich auf der entsprechenden Liste oder im Eigentum eines öffentlich-rechtlichen Trägers bzw. eines durch die öffentliche Hand mitfinanzierten Trägers befindet. Das heißt, von nun an steht alle Kunst in Museen und öffentlichen Sammlungen unter Ausfuhrschutz. Das Ministerium sieht darin kein Problem, insofern öffentliche Träger sowieso nicht aus ihren Sammlungen heraus verkaufen. Hier würde sowieso nur geklaut, wie Grütters sagte. Jetzt kann ein gestohlenes Kunstwerk nicht mehr über einen Zeitraum von 30 Jahren besessen werden.

Restitutionsbegehren haben nach den Washingtoner Prinzipien Vorrang vor dem Ausfuhrschutz. Das soll auch für Raubgrabungsgut gelten, das nach 2007 in öffentlichen Besitz gelangte. Zu diesem späten Zeitpunkt unterzeichnete die Bundesrepublik Deutschland die Unesco-Richtlinie. Deren gesetzliche Ausgestaltung soll nun endlich Zähne bekommen.

Ob die Übernahme der EU-Ausfuhrbestimmungen (Brüs­sel verlangt seit 1992 eine solche für Kunstwerke, die älter als 50 Jahre und mehr als 150.00 Euro wert sind) für den Binnenhandel innerhalb der EU wirklich alternativlos war? Das will sich die Ministerin auch gefragt haben, kam aber zu dem Schluss, da alle anderen europäischen Länder solche Ausfuhrbestimmungen kennen, könne Deutschland nicht die Ausnahme sein. Ist ein Kunstwerk älter als 70 Jahre und – bei einem Gemälde – mehr wert als 300.000 Euro, braucht es eine Ausfuhrgenehmigung. Der Handel mit zeitgenössischer Kunst bleibt also vom Ausfuhrschutz weitestgehend unberührt. Dass Gerhard Richters R.A.F. Zyklus dem Museum of Modern Art in New York gehört, begrüßt Monika Grütters ausdrücklich. Ein solcher Verkauf sei auch weiterhin möglich.

Bleibt die Frage nach dem bürokratischen Verfahren und der Transparenz der Entscheidungen zur Ausfuhr und zur Kulturgutliste, die in der Hoheit der Länder liegt. Da gibt es noch Informationsbedarf. WBG