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Hungerstreik für Ausweis

MAROKKO Kritischer Journalist protestiert

Ali Lmrabet sitzt seit 12 Tagen unter den Bäumen gegenüber des Sitzes des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen in Genf. Der 56-jähriger marokkanische Journalist ist im Hungerstreik. „Ich will meinen Personalausweis“, erklärt er. Die Behörden in seiner Heimatstadt, dem nordmarokkanischen Tetuan, verweigern ihm das Dokument. Die Anweisungen dazu kommen, da ist sich Lmrabet sicher, von ganz oben.

Denn Lmrabet ist einer der bekanntesten kritischen Journalisten des Landes. Er wurde 2005 zu zehn Jahren Berufsverbot verurteilt. Jetzt, wo dieses abgelaufen ist, würde er gerne wieder eine Zeitschrift gründen. „Doch ohne Personalausweis keine Lizenz“, erklärt Lmrabet, der schon vom Genfer Bürgermeister sowie vom Berichterstatter für Menschenrechtsfragen der UNO besucht wurde. Die Botschaft seines Landes und die Behörden zu Hause rühren sich trotzdem nicht.

Lmrabets Akte in Marokko ist lang. Erst schrieb er in verschiedenen kritischen Publikationen. Dann wurde er Chefredakteur bei Le Journal, einer politischen Wochenzeitschrift. Als erster marokkanischer Journalist interviewte er den Präsidenten der Befreiungsbewegung Polisario, Mohammed Abdelaziz. Außerdem veröffentlichte Lmrabet das erste Interview mit einem israelischen Premier, mit Netanjahu, in der arabischen Welt. Schließlich gründete er im Jahr 2000 sein eigenes Blatt. Zweimal wurde das Publikation verboten.

2003 wurde Lmrabet Majestätsbeleidigung vorgeworfen. Er hatte über den möglichen Verkauf eines königlichen Palastes berichtet. Er bekam vier Jahre Haft. Nach einem Hungerstreik durfte er nach Europa ausreisen. Ihm wurde bis April 2015 untersagt, in seiner Heimat als Journalist tätig zu sein. Lmrabet ließ sich in Barcelona nieder und arbeitete für die spanische Presse. Seine neues Projekt ist eine Satirezeitschrift. Mit von der Partie sind – sofern Lmrabet einen Personalausweis und eine Lizenz erhält – der bekannte marokkanische Komiker Bziz und einer der besten Karikaturisten, Khalid Gueddar. Reiner Wandler

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