Türkin aus Berlin bei Istanbuler Protesten: Zufällig mittendrin

Eine Tränengasbombe der Polizei traf sie am Kopf, jetzt liegt Lobna Al Lamii im Koma. Die in Berlin lebende Türkin war zufällig zu den Protesten gestoßen.

Flucht vor dem Tränengas in Istanbul. Bild: ap

BERLIN taz | „Ich habe kein Vertrauen mehr in dieses Land … ihr alle schlaft noch. Gute Besserung, Taksim-Gezi-Park. Alles Gute für euer neues Einkaufszentrum und auch alles Gute für eure neue Brücke …“ So enttäuscht kommentierte Lobna Al Lamii noch am 30. Mai auf ihrer Facebookseite die Ereignisse im Gezi-Park auf dem Istanbuler Taksimplatz. Einen Tag darauf liegt die junge Frau schwer verletzt in einem Istanbuler Krankenhaus.

Als „Black Friday“ ging dieser 31. Mai in die Geschichte der Proteste ein, die in Istanbul ausbrachen und bald die ganze Türkei erfassten. Die Gewalt, mit der türkische Sicherheitskräfte gegen die DemonstrantInnen vorgingen, die den Park vor dem Bau eines Einkaufszentrums schützen wollten, erschütterte die Welt. Eine der Gasbomben, die die Sicherheitskräfte abfeuerten, traf Lobna Al Lamii am Kopf.

Seither liegt die 34-Jährige im Koma. Zweimal wurde sie bereits operiert, ihr Zustand ist kritisch. Dabei war es reiner Zufall, dass sie in Istanbul war. Bei einem Foto der Verletzten, auf dem Boden liegend und aus einer Kopfverletzung blutend, das seit Freitag in den sozialen Netzwerken des Internets kursiert, gab es zunächst die Vermutung, es handele sich bei der Frau mit dem arabischen Namen um eine ägyptische Touristin, die in die Ausschreitungen geraten und wegen ihrer Verletzung gestorben sei.

Tatsächlich hat Lobna Al Lamii arabische Wurzeln. Doch sie ist türkische Staatsbürgerin. Als 14-Jährige zog sie mit ihrer palästinensischen Familie aus Jordanien in die Türkei. Seit drei Monaten lebte sie in Berlin. Zunächst als Touristin gekommen, fand sie einen Job als Eventmanagerin und wollte bleiben. Nur um die nötigen Visa-Angelegenheiten zu regeln, war sie in der Türkei.

Als sie von den Protesten am Gezi-Park erfuhr, schloss sie sich an. „Die Menschen dort waren unbewaffnet und friedlich, sie haben Lieder gesungen und aus Büchern vorgelesen. Lobna wollte dabei sein“, sagt Yildiz Göney, in Berlin lebende Freundin der Verletzten. Sie trägt auf den Solidaritätsdemonstrationen, die seit Freitag in Berlin stattfinden, ein Schild für ihre Freundin: „Lobna, dayan – Lobna, halte durch“, steht darauf. Ob sie aus dem Koma erwacht, wird sich innerhalb der nächsten 24 Stunden zeigen.

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