piwik no script img

Umstrittenes Pestizid GlyphosatAmt findet höheren Grenzwert okay

Eine Bundesbehörde sieht kein Problem darin, die „akzeptable Tagesdosis“ des Unkrautvernichters anzuheben. Eine Gefahr für die Gesundheit?

Bauer spritzt Getreide mit Pestiziden: Glyphosat ist der weltweit am meisten verkaufte Unkrautvernichter. Bild: imago/Caro

BERLIN taz | Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht eine 66-prozentige Erhöhung eines wichtigen Grenzwerts für das umstrittene Pestizid Glyphosat als unbedenklich an. „Die neuen toxikologischen Daten würden es erlauben, den ADI-Wert für die akzeptable Tagesdosis von 0,3 Milligram pro Kilogramm Körpergewicht auf 0,5 hochzusetzen“, sagte Jürgen Thier-Kundke, Sprecher der Behörde, am Donnerstag der taz.

Der ADI (“Acceptable Daily Intake“) bezeichnet die Menge eines Stoffes, die selbst empfindliche Verbraucher wie Kinder täglich ohne gesundheitliche Besorgnis lebenslang zu sich nehmen können. Umweltschützer kritisieren, Glyphosat sei eine Gefahr für Mensch und Natur.

Die Behörden müssen laut EU-Recht den ADI berücksichtigen, wenn sie festlegen, wie viel eines Pestizids in Lebensmitteln enthalten sein darf. Ein höherer ADI könnte also dazu führen, dass auch die Grenzwerte für Glyphosat in Nahrungsmitteln steigen. Die unter anderem vom US-Konzern Monsanto hergestellte Chemikalie ist das weltweit am meisten benutzte Unkrautvernichtungsmittel – Tendenz: stark steigend.

Behördensprecher Thier-Kundke begründete die neue Einschätzung der Giftigkeit so: „Es gibt 150 neue Grundlagenstudien dazu.“ Außerdem seien 900 neue Veröffentlichungen in die Bewertung eingeflossen, die nach der letzten im Jahr 2000 abgeschlossenen Überprüfung von Glyphosat erschienen sind. Deshalb seien Vorwürfe unberechtigt, die Behörden hätten Glyphosat in der Vergangenheit falsch bewertet. „Man weiß eben heute einfach mehr.“

BUND: Auswirkungen aufs Hormonsystem

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Deutschland (BUND) lehnte eine mögliche Erhöhung des ADI ab. „Damit wird die Grundlage geschaffen, dass noch mehr Glyphosat gespritzt werden kann“, sagte die Glyphosat-Expertin des Verbands, Heike Moldenhauer. Das Pestizid werde aber zunehmend mit Auswirkungen auf das menschliche Hormonsystem in Verbindung gebracht, was die Behörden aber anhand zahlreicher Studien immer wieder zurückweisen. Anlass zur Sorge gebe auch eine Reihe von Umweltauswirkungen wie Schädigung von Amphibien.

Der ADI wird von einer Expertengruppe der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) festgelegt. Die Meinung des Bundesinstituts für Risikobewertung ist dabei maßgeblich, weil Deutschland Glyphosat für die gesamte EU überprüft.

Glyphosat tötet jede Pflanze, die nicht gentechnisch so verändert ist, dass sie dem Gift widersteht. Viele Landwirte befreien mit dem Pestizid ihre Felder vor der neuen Aussaat von Unkraut. Biobauern erreichen dies etwa durch Pflügen. In der konventionellen Landwirtschaft wird Glyphosat auch kurz vor der Ernte gesprüht, um beispielsweise Getreide vorzeitig reifen zu lassen. Der Bundesrat hat gefordert, diese "Sikkation" zu verbieten, da durch dieses Verfahren vermutlich die wichtigste Quelle für Glyphosat in Lebensmitteln ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

22 Kommentare

 / 
  • Das Artikelbild ist absoluter Quatsch, Glyphosat wird im Nachauflauf nicht eingesetzt, sonst würde man ja die Hauptkultur kaputt spritzen. Aber sehr symptomatisch für die Faktenlage bei dieser Diskussion...

  • Steigt die Giftbelastung, steigt auch der Grenzwert.

    Ein politischer Automatismus.

    • W
      Wissenschaft
      @vic:

      Genauso wie im Bioanbau. Da diese Grenzwerte von Pilzgiften an Lebensmittel teilweise nicht einhalten können, wurde hierfür auch ein höherer Grenzwert eingeführt

  • N
    NOPE

    Die 0,5 mg summieren sich im Laufe eines Lebens zu ca. 1 kg.

    Also ein Kilogramm Gift einer Sorte pro Lebenszeit ist OK? Wieviele Sorten Gift gibt es denn, für die getrennt voneinander solche Grenzwerte gelten? Wieviel Gift darf ein Mensch im Laufe seines Lebens unbedenklich zu sich nehmen? 100 kg? 1 Tonne? 10 Tonnen?

    • R
      Realist
      @NOPE:

      Ich weiss nicht wieviel des hochgiftigen Salzes ich aufnehmen darf. Haben Sie das schon mal zusammengerechnet?

  • D
    daryl

    Das Menschen unterschiedliche zum Teil extreme Essgewohnheiten

    haben und es den Normmenschen nicht gibt, das Menschen unterschiedlich sensibel auf Gifte ansprechen, Vorerkrankungen haben, noch zahlreiche andere Giftcocktails zu sich nehmen und Grenzwerte nur den aktuellen meist sehr widersprüchlichen und sehr zweifelhaften Stand der Wissenschaft reflektieren, wird geflissentlich ignoriert.

    Das im Katastrophenfall der Glaube in die Wissenschaft, an den Staat und an Recht und Kontrolle und in den Fortschritt, in unser Wirtschaftssystem usw. schwerst erschüttert wird und verdeckte Genozide oder Menschenmanipulationen möglich sind wird auch in Kauf genommen.

    1000 zusätzliche Tote sind doch für StatistikerInnen kein Problem und an das Artensterben-hat sich das Dummvolk eh schon daran gewöhnt.

    Fazit: Ohne Courage, Esprit, Herz und unveräußerliche Prinzipien des Humanismus läßt sich ein Staat nicht sinnvoll

    führen. Man kann Menschen kein Gewissen einprügeln, so gern man es auch machmal möchte.

  • U
    UmgebenVonFledderern

    Die Bevölkerung soll miesen Essen verpesten und kinderlos bleiben.

    Gehen Kernkraftwerke in Südostasien hoch, werden bei uns

    Grenzwerte für Radioaktivität hochgesetzt. Und Essen aus den

    Fallout-Gegenden von Tschernobyl wird auch auf einmal wieder bekömmlich.

    Die faschistoiden Ausrotter und Volksdezimierer und Gesundheits-, Entfaltungs- und Verwirklichungsdezimierer der Kosmopolitmafia verrichten ungebremt ihr Machwerk.

    Wenn man sie schon nicht alle umbringen kann im Krieg, dann wenigstens alle vergiften.

    Die Welt verträgt nicht soviele

    davon, also wird es hinten rum erledigt. Dieser Staat verspielt

    seine Glaubwürdigkeit und seine Ehre mit jeder Anbiederung ans internationale Kapital. Er hat sich gegen die eigenen Menschen entschieden, gegen die Babies seiner BürgerInnen. Eine Schande, was hier Macht hat!

    • F
      Fledderer
      @UmgebenVonFledderern:

      Wieso werden wir eigentlich immer mehr und älter hier auf der Erde?

  • S
    SchreckLassNach

    Wozu braucht der Staat noch Risikobehörden, wenn die Industrie sich ihre Grenzwerte

    selbst festsetzen darf und selbst die Forschungsergebnisse

    produziert, die sie braucht.

    Grenzwerte sollen fortan nur nach unten, nie nach oben korrigiert werden dürfen.

    Die Nachweise von Mißbildungen haben gereicht, welche durch Glyphosat hervorgerufen werden.

    Haben nicht auch Bundesanstalten die Vermüllung

    und Verhaldung der radioaktiven Fässer in Asse zu verantworten.

    Und haben nicht auch Bundesanstalten die Giftmüllabfallverklappung in NRW

    in stillgelegten Stollen zu verantworten oder in Nürnberg

    den Giftmüllsee innerhalb einer NS-Sportstätte ermöglicht, der schon Todesopfer forderte.

    Und hat es nicht auch schon in Deutschland behördlich genehmigte Schwerstbehinderte infolge Frackings gegeben

    Die Bundesanstalt für Risikobewertung hat die Bevölkerung unter allen Umständen mit bester Expertise und einen 200% igen Sicherheitsaufschlag zu schützen, egal was Lobbies und die EU wieder durchdrücken wollen!!! Sie hat Schutz zu gewähren! Grenzwerte hochsetzen,

    darf nicht erlaubt sein und bei Glyphosat und den Mißbildungen

    an Neugeborenen erst Recht nicht. Die Gremienverantwortlichen, die WissenschaftlerInnen und SprecherInnen solcher Institute

    sollte man sich gut merken, sie sollen für ihre Fahrlässigkeit in Völkermassstab zur Rechenschaft gezogen werden!

    • A
      AchDuSchreck
      @SchreckLassNach:

      Wo bitte gibt es einen Nachweis von Mißbildungen durch Glyphosat? Ok, wenn man das Glyphosat direkt in einen Embryo einspritzt gibt es mehr Mißbildungen als wenn man das gleiche mit Kochsalz machen würde - aber nur weil von den Kochsalz behandelten Embryonen keines überlebt hat. Sind Sie auch für das Verbot von Salz? Das Bundesinstitut für Risikobewertung arbeitet bei den GRenzwerten übrigens sogar mit 1000% Sicherheitsaufschlag.

  • hohoho... Ob da wohl irgend Zusammenhang ist...?

    Von der USA- MONSANTO- PESTICID Lobby... zur NSA `ausspionierung´ und somit gezielter Manipulation

    der Ökonomiefixierten `Pseudowissenschaftlichkeit´ und deren Gurus...

    im "BUNDESINSTITUT für RISIKOBEWERTUNG" ??

    -----------

    Ist der im Artikel von Herrn Maurin zitierte Herr J. Thier Kundke der die heraufsetzung des ADI( Acceptable Daily Intake) von `ROUNDUP´(Glyphosat) Pesticid Dosis von 0,3 mG auf 0,5 mG per Kilo Körpergewicht propagiert... evtl. `manipuliert´ worden?

    ---------

    Ich meine die Sache `stinkt´ gewaltig !

    Denn: Ein ausgewachsener Mann/Frau wiegt zwischen 50 bis 100 kg. Das wären max. 0,05 Gramm bei einem Körpergewicht von 100kg...täglich ! 1,5 Gramm ca. per Monat! Reines Gift !

    ---------

    Wie war doch diese Debatte mit dem `Giftcocktail´? Wie ADI Giftdosen verschiedener Stoffe die man da unwissend reinfuttert...

    das biologische Immunsystem stören? Den Hormonhaushalt stören? ADHD? Krebs? Unfruchtbarkeit usw ?

    -----------

    Die Bauern sind sowieso Opfer ökonomischer Zwänge...

    Und der Begriff des `ADI´ ist primär ein ökonomisch- industrieller Begriff !

    -----------

    "Ok" handelt die Bundesbehörde mit Herrn Thier Kundke im Sinne vom `Freihandelsabkommen´ mit den USA, sowie im Sinne der Industrie- als im Sinne der Pharmakologie und deren Investoren!

    Aber es ist ungesundes Roulette Spiel mit Volkes Gesundheit!

  • W
    wanted

    Wenn sich herausstellen sollte, dass ich eines Tages wegen Glyphosat erkranken werde, dann weiß ich was zutun ist.

  • ...sind es nicht die 'Bauern' die uns vergiften??!

  • EG
    essen gut, alles gut

    eigentlich wollte ich immer selbst entscheiden wie ich mich vergifte, aber heutzutage ist es anscheinend so das der staat uns alle entscheidungen abnehmen will. kann man ja auch mehr doofes fernsehen gucken, sinnlose sachen kaufen oder einfach mal mit meiner 2 liter maschine im tempo 200 von hamburg nach münchen fahren um ins museum zu gehen. kann ich diese behörde nicht einfach verklagen, dafür das die mich täglich versuchen zu vergiften?

  • G
    gast

    Der Behörde ist es doch egal ob die Menschen vergiftet werden, oder Krebs bekommen. So verdienen die Krankenhäuser, die Ärzte, vor allem die Pharmaindustrie und natürlich der Staat durch mehr Steuereinnahmen.

     

    All das Gift das in die Umwelt gesprüht wird hat natürlich aus nichts mit dem Ozonloch zu tun ?????

  • MO
    My opinion

    Ohne hier meckern zu wollen; Aber ich finde es schon komisch, dass in den Medien fast nur dann über Pestizide gesprochen wird, wenn Diese mit Gentechnik in Verbindung gebracht werden können.....

     

    Wegen Glyphosat:

     

    http://www.scilogs.de/detritus/faktencheck-bund-glyphosat/

  • M
    meeeee

    Also anstatt beispielsweise zu behaupten, dass Biobauern ihre Felder durch Pflügen von Unkraut befreien (nein, dass tut man als Biobauer nicht. Auch das Pflügen ist umweltbelastend!) sollte es mit der Wahrheit gesagt werden (die im übrigen noch ein weitaus besseres Licht auf die wenn man so will "ukonventionelle Landwirtschaft" wirft): Der Bio-Bauer wird sich einen Dreck um drei Halme Unkraut scheren! Zum einen hat er nicht so viele, da seine Anlage kleiner und ökologisch sinniger ist, so das auch weniger unerwünschte Pflanzen als in einer Monokultur sich breit machen können, zum Anderen wird er damit leben können, keine Lupenreine Ernte zu machen. Das Niederwild geht mangels tierischen Einweißes vor die Hunde! Junge Hühnervögel brauchen in den ersten zwei Lebenswochen tierisches Eiweiß. Woher sollen die armen Viecher dies denn nehmen, wenn bis auf die letzte Krume alles klinisch tot gespritzt ist? Ein verantwortungsvoller (Bio)Landwirt wird dies in seien Berechnung einbeziehen. Neben diese von reaktionären Kritikern als romantischen Argumente - und pardon, die Lüge vom "alles andere rechnet sich nicht" kann ich eh nicht mehr hören - gesellt sich noch ein ordentliches wirtschaftliches Argument: Das Hin und Her auf dem Acker, von Düngung bis Spritze kostet ne Menge mehr als der geringere Ertrag...Subventionen mal herausgerechnet. Mit einem ordentlichen Marketing in der guten Sache kenne ich keinen Landwirt der mit Bio hungern müsste. Hingegen gibt es genug Blitzbirnen, die stöhnen, dass ihr Hof nichts mehr als ein paar Subventionen bringt. Aber jemandem der sich die Ferkel für seine Mast bei einer Tochterfirma der Gesellschaft kauft, die die Futtermittel vertreibt, die einzig in der Lage sind armen Biester wirtschaftlich wachsen zu lassen...nun ja, da fang ich wohl besser nochmal mit dem ABC an.

  • M
    meeeee

    Selbst überzeugter Gegner dieser Perversion muss ich den Verfasser dieses Textes aber rügen: die fachlich schlecht recherchierten Behauptungen nehmen uns den so wichtigen Wind aus den Segeln gegen den marketing-mäßig genial organisierten Verbrecherverein Monsanto.

    Schade ists!

  • A
    A.FRanke

    Unglaublich.

    Da sterben Bienen und andere Insekten und deutsche Behörden sind den Chemiefirmen, in diesem Falle Monsanto, zu Diensten.

    Ich muss mich beherrschen, um nicht einen netiquttefeindlichen Wutausbruch hinzurotzen.

    Um einen noch größeren Einfluss auf deutsche und europäische Gesetzgebung durch diese skrupellosen Konzerne zu verhindern muss unbedingt das geplante Freihandelsabkommen verhindert werden.

     

    http://umweltinstitut.org/freihandelsabkommen/allgemeines/freihandelsabkommen-verhindern-1144.html

     

    http://umweltinstitut.org/gentechnik/aktionen/onlineaktion_roundup-910.html

  • Schlimm stehts !!

    - gute Berichterstattung dieser Artikel von Hrn. Maurin...

    Da war wohl irgend Profitfixierte Fraktion der `aktiven Landwirtschaft´ sowie Personen der Pestizid- Lobby und deren Industrien aktiv ?

     

    Eine Herausforderung an die `freie Forschung´ und die BIO- Landwirtschaft !

    • A
      Anonymous
      @vergessene Liebe:

      Sogar richtig schlimm!

      Wie kann das BfR so etwas wollen?

      In den USA gibt es inzwischen Ackerbeikräuter die wegen der hohen Glyphosat- Mengen ebenfalls resistent geworden sind, sog. "super- weeds". Immer mehr spritzen, spritzen und spritzen...

  • N
    Natürlich!

    Nach Tschernobyl wurden auch viele Grenzwerte hochgesetzt. Sonst können viele Produkte insbesondere aus Staaten in denen massenhaft Glyphosat eingesetzt wird nicht mehr bei uns verkauft werden. Das steht dem Welthandel entgegen. Wen interessiert da ernsthaft die Gesundheit? Vorboten des Freihandelsabkommen mit den USA???