Vorratsdatenspeicherung auf Eis gelegt: Maas wartet auf auf die EU
Der neue Justizminister Heiko Maas (SPD) will laut Medienbericht die umstrittene Vorratsdatenspeicherung vorerst nicht einführen. Er will ein Gerichtsurteil abwarten.
HAMBURG afp | Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart will der neue Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) die umstrittene Vorratsdatenspeicherung vorerst nicht einführen. „Ich lege keinen Gesetzesentwurf vor, bevor der Europäische Gerichtshof endgültig geurteilt hat, ob die Richtlinie die Rechte der EU-Bürger verletzt oder nicht“, sagte Maas dem Spiegel. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Richter die Richtlinie vollständig kassierten.
„Damit wäre die 'Geschäftsgrundlage' für den Koalitionsvertrag komplett entfallen“, unterstrich Maas. „Dann müssten wir über die Vorratsdatenspeicherung ganz neu reden. Bis dahin liegt das Instrument für mich auf Eis.“
Der Justizminister kündigte zudem an, die Bürgerrechte zu einem Schwerpunkt seiner Tätigkeit zu machen. „Ich bin sehr skeptisch bei der Vorstellung, dass eine Flut von Daten der Bürger ohne Anlass gespeichert wird und so vielen Stellen zugänglich ist“, sagte Maas. Hier bestehe ein erhebliches „Missbrauchsrisiko“.
Maas kündigte jedoch zugleich an, den Konflikt mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) weniger konfrontativ zu handhaben als seine Vorgängerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). „Wahrscheinlich hat der Innenminister beim Thema Sicherheit etwas andere Vorstellungen als ich“, sagte der Justizressortchef. „Aber wir werden einen sachlicheren und konstruktiveren Dialog führen als in der vergangenen Legislaturperiode.“
Leser*innenkommentare
Verarschung auf Eis serviert
Gast
Was für eine Verarschung. Zuerst setzt sich die Bundesregierung für die Einführung der EU-weiten Überwachung und Speicherung unserer Kommunikation ein. Die nicht demokratisch legitimierte EU-Kommission lässt sich diese Gelegenheit nicht nehmen und fordert die EU-weite Kommunikationsüberwachung. Dann stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der totalen Überwachung fest, was uns Bürgern schon lange vorher klar war. Dann wie der Verfassungsbruch erneut beschlossen. Was nun angeblich auf Eis gelegt wurde (Hurra!), soll eigentlich nur vom EEG legitimiert werden. Dass so die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ausgehebelt werden soll, stört unsere Politiker und Presse nicht mehr. Was für ein korrupter Haufen Elend.
Klaus Wallenstein
„Aber wir werden einen sachlicheren und konstruktiveren Dialog führen als in der vergangenen Legislaturperiode.“
Bei diesen Worten des neuen Bundesjustizministers von der SPD sollten mal gleich alle Warnglocken angehen. Wie so ein 'Dialog' aussehen könnte, haben SPD und Grüne Ende 2013 in Schleswig-Holstein und NRW demonstriert.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Schleswig-Holstein-und-NRW-positionieren-sich-zur-Vorratsdatenspeicherung-2057543.html?wt_mc=rss.ho.beitrag.rdf
Die Texte, die in beiden Landtagen zur Abstimmung anstanden, waren von den Piraten-Fraktionen eingebracht worden:
"Die Vorratsdatenspeicherung ist ein hochproblematischer Eingriff in die Grundrechte. Deshalb werden wir uns auf Europa- und Bundesebene im Bundesrat und der Innenministerkonferenz gegen jede Form der Vorratsdatenspeicherung einsetzen." [schleswig-Holstein-Version]
"Der Landtag stellt fest: Die Vorratsdatenspeicherung ist ein hochproblematischer Eingriff in die Grundrechte der Bürger unseres Landes.
... Der Landtag fordert die Landesregierung auf: sich auf allen politischen Ebenen, auf EU-Ebene, im Bundesrat und der
Innenministerkonferenz gegen jede Form der anlasslosen
Vorratsdatenspeicherung einzusetzen." [NRW-Version]
Ergebnisse der Abstimmung:
- Zustimmung in Schleswig-Holstein mit Stimmen von SPD & Grüne
- Ablehnung in NRW mit Stimmen von SPD & Grüne
Fazit: Die Vorratsdatenspeicherung ist bei SPD & Grüne ein rein taktisches Thema, dass lediglich zur Wählermobilisierung eingesetzt wird.
Frage: Mit wem will der neue Bundesjustizminister nun in den Dialog eintreten - zuerst mit seiner eigenen Partei?
Jens Best
Gast
Der Generalanwalt am EuGH hat ja bereits in seinem abschliessenden Statement angedeutet, dass eine anlasslose Speicherung prinzipiell kein Problem ist.
Insofern ist das "Warten" von Maas nichts weiter als ein billiges Manöver mit dem er sich erstmal Ärger sparen will.
Anlasslose Speicherung von Daten ist und bleibt eine Absage an die Bürgerrechte. DARAN wird man Maas messen und nicht an Ankündigungen, dass er warten wird, was andere denken.