piwik no script img

Machtkampf bei den PiratenNoch ein Mann über Bord

Der parteiinterne Machtkampf geht weiter: „Lawblog“-Macher Udo Vetter wirft dem linken Flügel „Stalinismus“ vor – und tritt aus.

Udo Vetter reicht es: Er gibt den Piratenhut ab. Bild: dpa

DÜSSELDORF taz | Die Piraten zerlegen sich weiter. Mit dem bekannten Blogger und Anwalt Udo Vetter hat die Partei den nächsten wichtigen Mann verloren: „Ich bin aus der Piratenpartei ausgetreten“, sagte Vetter der taz.

Der 49-Jährige stand bei der Bundestagswahl 2013 auf Platz zwei der nordrhein-westfälischen Landesliste. Bundesweit bekannt geworden ist der Ex-Pirat vor allem mit seinen „Lawblog“: Die Seite, auf der Vetter „aus der Praxis eines Düsseldorfer Strafverteidigers“ berichtet, wird täglich von rund 50.000 Menschen angesurft, darunter viele Juristen.

Auslöser für seinen Austritt sei das „Bombergate“ der Partei gewesen, so Vetter zur taz. Am 13. Februar hatten zwei maskierte Piratinnen, darunter die auf Platz fünf der Europawahlliste kandidierende Berlinerin Anne Helm, dem Oberbefehlshaber der britischen Luftwaffe im zweiten Weltkrieg für die Bombardierung der Stadt gedankt. „Thanks Bomber Harris“ war im Stil der Feministinnen-Gruppe Femen auf nacktem Oberkörper zu lesen.

„Brutales Mobbing“

Die Aktion stehe symbolisch für einen Machtkampf innerhalb der Piraten, kritisiert Vetter: „Ein lautstarker, der Antifa nahestehender Flügel versucht, die Partei zu okkupieren.“ Die Parteilinke betreibe „brutales Mobbing“, findet der Strafverteidiger: „Die haben einen stalinistischen Ansatz – der Zweck heiligt die Mittel.“

Wegen des Bombergates hatte bereits die Berliner Bundestags-Spitzenkandidatin Cornelia Otto die Partei verlassen. Auch der ehemalige Piraten-Parteichef Sebastian Nerz hatte Ende Februar seinen Austritt mit einer „unkonstruktiven Radikalisierung“ begründet.

Vetter sieht die Piraten allerdings auch grundsätzlich auf dem falschen Weg: Die Entwicklung hin zu einer „Vollpartei“ sei ein Fehler gewesen – die Piraten hätten sich auf die Themen „Freiheit, Bürgerrechte und Netzpolitik“ beschränken sollen. Dafür wolle er jetzt außerhalb der Partei kämpfen: „Ich wünsche den Piraten alles Gute – und trete nicht in die FDP ein.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

37 Kommentare

 / 
  • Ich schließe mich meinem Vorredner Michael Gerald an und gehe auch davon aus das es

     

    für Udo Vetter nur eine gute Gelegenheit war der Partei den Rücken zukehren jetzt wo

     

    die Umfragen niedrig sind und es wohl auch erstmal bleiben werden.

     

    Zur erinnerung er ist April 2012 beigetreten also auf der absoluten höhe des Hypes.

     

    Hätte der Hype angehalten wäre er ohne den Umweg des harten hocharbeitens anderswo

     

    einfach in den Bundestag eingezogen. Da er im Internet aktiv ist waren die Piraten im

     

    sicherlich schon wesentlich früher ein Begriff spätestens 2009 als die erste große

     

    Eintrittswelle kam die die Piratenpartei schon kaum verkraftet hat. Das es bei den

     

    Piraten öfter mal Skandälchen gibt muss er auch schon vorher gewusst haben, das war

     

    seit der Gründung 2006 so.

     

    Es ist schon dreist das er seinen Austritt mit dem Flügelkampf begründet. Der

     

    Flügelkampf ist nicht entschieden und würde ihn dessen Entscheidung Wirklich

     

    intressieren müsste er nicht aus der Partei austreten(was logischerweise seinen

     

    eigenen Flügel schwächt) sondern dem Frankfurter Kollegium(Sozialliberaler Flügel)

     

    beitreten.

     

    Die Piraten sind nicht am Ende. Für ein oder 2 Sitze wird es bei der Europawahl ganz

     

    sicher reichen so niedrig wie die Hürde ist. Nach der Austrittswelle wird es auch in

     

    absehbarer Zukunft eine Rausschmisswelle geben da auf dem Parteitag anfang letzten

     

    Jahres beschlossen wurde das Mitglieder die ihre Beiträge mehr als 12 Monate nicht

     

    gezahlt haben nach 2facher Mahnung gestrichen werden können. Ich rechne damit das etwa

     

    Mai diesen Jahres der Zeitpunkt gekommen an dem man die Karteileichen streichen kann.

     

    Danach wird es langsam wieder aufwärtz gehen.

     

    International existieren die Piraten schon in über 60 Ländern, in Island sind sie

     

    letztes Jahr mit 5,1 Prozent in das nationale Parlament eingezogen. Wir stehen noch ganz am Anfang.

  • G
    gastritis

    "..ich trete nicht in die FDP ein"

    Achwas!?

    • A
      Aras
      @gastritis:

      Er war vorher FDP-Mitglied. Des Wegen wohl dieser Halbsatz.

  • Ich bin kein Piratenwähler, fand aber deren ursprünglichen Ansatz gut und zuvor fehlend in unserer politischen Landschaft. Dennoch war ihr Misserfolg absehbar.

     

    Was mich dennoch wundert ist, warum diese vermeintlich Linken, welche die Partei unterwandert haben, nicht direkt in z.B. die MLPD gegangen sind. Es ist ja keineswegs so, dass es nicht bereits Parteien mit deren politischen Haltungen gäbe.

    • M
      Marzipan
      @anteater:

      Weil sie lesen können. Umfrage- und Wahlergebnisse z. B. - auch die der MLPD.

       

      Dagegen sehen die Piratenergebnisse selbst jetzt noch vielversprechend aus, wenn man es schafft, in Schlüsselpositionen für die Besetzung irgendwelcher gut dotierter Posten zu kommen (beispielsweise im EU-Parlament).

    • C
      CommunismKills
      @anteater:

      Vielleicht hat man hier größere Chancen zur Machtergreifung gewittert. Oder man wollte sich seine Geisteshaltung nicht eingestehen. Oder der Ansatz der Piratenpolitik gefiel. Mögliche Gründe gibt es einige.

  • C
    cosmopol

    Noch so jemand ohne den leisesten Stalinismusbegriff.

     

    Ansonsten lässt sich natürlich viel behaupten, belegen ist doch was anderes. Anders ausgedrückt, ließe sich auch vermuten das da einfach dem rechten Flügel die politischen Felle wegschwimmen (sonst würde er wohl versuchen die Linken aus der Partei zu drängen, anstatt selbst zu gehen) und der Kritik an seinen diversen Chauvinismen nicht vertragen kann. Wäre dem so... schöne Sache. ^^

  • G
    Gastname

    Dieser Vetter hat ja auch eine merkwürdige Definition von Stalinismus: "Der Zweck heiligt die Mittel".

     

    Achso, okay.

    • @Gastname:

      Der Spruch ist zwar von Niccolò Machiavelli, könnte aber auch von Stalin, oder Hitler sein.

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @Gastname:

      Ein sicheres Zeichen, dass der Mann in der Politik nichts verloren hat...

  • Die "Links"-Radikalen schaffen es immer wieder. Eine progressive Partei suchen, eintreten, Rabatz machen, Partei kaputt. Schon Lenin hat davor gewarnt.

    • H
      Hans
      @Faulpelz:

      Genau! Sieht man schon an der SPD!? Oder war das Schröder und der Seeheimer Kreis? Oder die Grünen!? Ach nee, das waren die Realos?! Oder die SED?! Naja, waren die wirklich links, waren die radikal, eher ne sozialistisch orientierte Diktatur (des Volkes, natürlich, nicht der Parteieliten)...

       

      Wenn Lenin vor Linksradikalen gewarnt hat, wahrscheinlich genau aus dem Grund, dass es die Parteieliten stört.

       

      Über was kommentierten Sie nochmal? Ach ja, die vielen progressiven Parteien, die durch "Links"-Radikale kaputt gemacht worden. Nennen Sie mir spaßeshalber mal eine.

      • @Hans:

        spaßeshalber : SED

        • H
          Hans
          @lions:

          Hmm, na dann mehr "Links"-Radikale bitte!

  • K
    knattertom

    "Vetter sieht die Piraten allerdings auch grundsätzlich auf dem falschen Weg: Die Entwicklung hin zu einer „Vollpartei“ sei ein Fehler gewesen – die Piraten hätten sich auf die Themen „Freiheit, Bürgerrechte und Netzpolitik“ beschränken sollen."

     

    Welch weise Erkenntnis von Herrn Vetter, alle denen Veränderung durch die "Piraten" wichtig waren, vor allem wichtiger als mögliche Parlamentssitze und Regierungsbeteiligungen, habe genau das seit nunmehr zwei Jahren gefordert. Aber, vor allem die schreibende Zunft der Machtmedien, haben die "Piraten" ständig mit der Forderung eine "Vollpartei" werden zu müssen ja geradezu penetriert.

     

    Nun ist die Enttäuschung gross, vor allem bei allen, die Hoffnungen in die "Piraten" gesetz hatten.

     

    Zur Erinnerung, die "grossen" und nach wie vor brandaktuellen Kernthemen der "Piraten" sind und waren:

     

    1. Reform des Urheberrechts

    2. Abkehr vom "War on Drugs"

    3. Schaffung von transparenten Strukturen in der staatlichen Entscheidungsfindung

    4. Soziale Gerechtigkeit in Form eines Bedingungslosen Grundeinkommens

     

    Ob eine Rückkehr zu diesen "Kernthemen" möglich ist, wird die Zeit zeigen. Ich setze grosse Hoffnung in die Integrationskraft des "Schwarms", europaweit wieder zu sich selbst zu finden.

     

    Ahoi!

    • IH
      im Herzen noch immer Pirat ;-)
      @knattertom:

      Vergiss es, "Der Schwarm" ist ausgeflogen: Hier in dieser Stadt waren wir rund 30 aktive Piraten und viermal so viele Mitglieder. Inzwischen werden die traurigen Reste von 7 AktivistInnen beiderlei Geschlechts penetriert, inklusive Sprech- und Hausverboten. Von diesen 7 sind nur zwei seit 2009 dabei, die Übrigen kamen erst ab Sommer 2012... Fazit: mandatsfinanzierte Inkompetenz, die frühestens 2017 mit der Landtagswahl aufgebrochen werden kann.

  • Gibt es für jede Austrittserklärung von Pirat X eine Meldung?

    Gibt es demnächst auch Meldungen, wenn Person Y Eintritt?

    Alleine Berlin hat in den letzten 14 Tagen 5 Neumitgliederinnen aufgenommen.

    • @Michael Konrad:

      "Neumitgliederinnen"

       

      Das ist genau der Grund, warum die Piraten es verdienen, in der Versenkung zu verschwinden. Das hat nichts mehr mit Bürgerrechten zu tun, das ist perfekte Idiotie.

    • @Michael Konrad:

      Super. Wie viele von denen sind denn bundesweit bekannt? Wie viele Zugriffe haben die (zusammen) auf ihren Blogs? Und würde irgendwer eine Partei wegen solcher Leute wählen?

       

      Wer die Situation der Partei mit Nobody-Eintritten schönzureden versucht, hat nicht einmal das Problem kapiert. Solche Leute braucht eine Partei.

  • Traurig wie die Privataktion zweier Mitglieder (die nicht im Namen der Partei protestiert haben) für eine Hetz-Kampagne sondersgleichen sorgt. Anstatt zu erkennen wie wichtig die Piraten für den Erhalt der Bürgerrechte sind - fallen viele auf diese künstliche Aufblähung einer Mücke zum Elefanten rein.

    Die kriminelle Korruption der Mainstreampolitiker ist OK, Haupsache niemand protestiert jemals in seiner Freizeit gegen Faschismus - das ist "skandalös".

    • @robbypeer:

      Die Piraten WAREN mal wichtig für Bürgerrechte. #aufschrei, Femen, Antideutsche usw hat aber nichts mit Bürgerrechten und noch weniger mit Liberalismus zu tun. Die Piraten waren mal eine links-liberale Hoffnung... ich hätte es dem Udo Vetter übel genommen, wäre er in diesem Klima in der Partei *nicht* ausgetreten.

      Die Flügel haben alle samt andere Parteien, MLPD, DKP, Frauenpartei, ÖDP uvm, sie haben bei den Piraten nichts zu suchen, denn sie stehen weder für Bürgerrechte noch für sozialen Liberalismus. Aber leider gibt es bei den Splitterparteien, wo diese Sektierer eigentlich hingehören, ja keine Blumentöpfe geschweige denn Parlamentsplätze zu gewinnen...

    • N
      nachdenkend
      @robbypeer:

      Wie kannst Du Abgeordneter einer Bürgerrechtspartei sein und Grundrechtseinschränkung aufgrund politischer Meinung fordern? Passt nicht zusammen oder?

    • @robbypeer:

      "Hauptsache niemand protestiert jemals in seiner Freizeit gegen Faschismus"

       

      Kann es sein, dass Ihnen entgangen ist, dass es nicht darum ging, gegen Faschismus zu protestieren sondern um das WIE.

      • @anteater:

        Und dieses "WIE" war möglicherweise frech. Möglicherweise geschmacklos. Aber kein Grund für einen Skandal. Der grössere Skandal sind die Reaktionen von Parteimitgliedern, die plötzlich Anti-Antifa-Sprüche klopfen und überall den "Stalinisten" aus der Ecke zaubern.

    • @robbypeer:

      Wenn die Lügen bei Telepolis nicht mehr ziehen, versucht man's mal bei der taz? Wen beeindruckt so was eigentlich?

       

      Und, nur mal so nebenbei, was schert sich denn der Antifa-Pöbel bei den Piraten um Korruption?

  • PV
    Pirat von 2007

    Das ist kein Machtkampf, das ist ein Exodus.

     

    Es ist vorbei!

  • O
    orios

    schpn lusitg was herr vetter unter stalinistisch versteht. Morddrohungen u.ä. sind es jedenfalls nicht. auch lustig, dass inhaltliche argumente gekonnt außen vor bleiben.

    apropos:

    http://jungle-world.com/images/000/005/908//big_08-denkmal.jpg

    Queen verhöhnt opfer des Bombenholocausts, am bestne gleich mal wieder london bombardieren.

    • @orios:

      Du bist doch echt durchgeknallt. Du benutzt echt die Neonazi-Wortschöpfung "Bombenholocaust". Deutlicher kann man sich nicht als rechtsextremistisch angehaucht outen.

    • C
      cosmopol
      @orios:

      Ui, du hast "Bombenholocaust" gesagt. Mutig, mutig... und jetzt zurück ins NPD-Büro, ja?

  • MS
    Martin Schön

    Ich orientiere mich doch lieber am Parteiprogramm und an der Richtung der weltweiten Piratenbewegung - wenn da so einseitige Beschlüsse gefasst werden, wie es uns gewisse Kreise suggerieren, dann sieht man weiter. Politischen Einfluss habe ich via Piratenpartei nur wenig, in anderen Parteien gar keinen.

  • MG
    Michael Gerald

    In einigen Punkten gebe ich Herrn Vetter Recht. Man sollte jedoch auch im Kopf behalten, dass einige der sogenannten wichtigen Mitglieder erst zum Bundestagswahlkampf eingetreten sind, um auf die Kandidatenliste zu kommen. Heute aus den genannten Gründen auszutreten, scheint mir für nicht wenige dieser speziellen Mitglieder einfach nur eine willkommene Gelegenheit für den Absprung ohne Verdacht auf Mandatstourismus zu sein. Die genannten Probleme sind zudem nicht neu, die hätte man auch vor einem Jahr schon sehen können.

  • D
    D.J.

    Ich wünsche den leider allzu zu naiven Vernünftigen, den Sozial-liberalen unter den Piraten, die nun nach und nach die Partei verlassen werden, wirklich alles Gute!

    Bei der nächsten Parteigründung dringend vorher die Schriften der radikalen Linken studieren, um so einer Entwicklung vorzubeugen. Den bald übrig bleibenden Dummdreist-Ultralinken wünsche ich viel Freude beim Schmoren im eigenen Saft der Bedeutungslosigkeit.

    • N
      NetReaper
      @D.J.:

      Es hatte über die Jahre viele Warnungen vor der linksextremistischen Minderheit gegeben. Die meisten gemäßigten Piraten wollten davon nichts wissen, wollten es nicht wahrnehmen, oder haben das Problem schlicht falsch eingeschätzt und klein geredet.

       

      Einigen hellsichtigen Leuten war das schon länger klar, dass den "Ministalinisten" (Jörg Tauss) Einhalt geboten werden muss. Aber das wurde ignoriert.

    • T
      T.M.
      @D.J.:

      Oh ja, eine echte, sozialliberale Partei. Das wäre es, was Deutschland brauchte!

      • BP
        überrumpelter Pirat
        @T.M.:

        Jau, dann wäre ich auch wieder dabei.

        • @überrumpelter Pirat:

          Ich ebenfalls. Die Urpiraten sollten sich neu konstituieren und mit einer sozialliberalen Partei neu beginnen und den Scherbenhaufen "Piraten" hinter sich lassen.

        • F
          FDPler
          @überrumpelter Pirat:

          Ich frage mich, warum ihr nicht die FDP übernehmt, die hat es bitte nötig, dass da mal wieder idealistische sozialliberale rein kommen.