piwik no script img

Neues Olympia-Fieber in HamburgNur die Linke spielt nicht mit

Der Senat soll bis zum Herbst eine Machbarkeitsstudie für Olympische Spiele vorlegen. Dann dürfen die Hamburger über die Bewerbung abstimmen.

Nicht auf der Alster: olympische Ruderrennen würden auf der Elbe oder auf dem Ratzeburger See stattfinden Bild: dpa

HAMBURG taz | Dietrich Wersich schwärmt von der „Jahrhundertchance Olympia“. Dadurch könnte Hamburg „auf die Weltkarte kommen“, glaubt der CDU-Fraktionschef in der Bürgerschaft. Und deshalb setzt die CDU sich vehementer als alle anderen Fraktionen im Rathaus für eine Bewerbung Hamburgs um Olympische Spiele 2024 oder 2028 ein. SPD, Grüne und FDP sind im Grundsatz auch dafür, nur die Linke nicht.

In einem gemeinsamen Antrag der vier Pro-Olympia-Fraktionen, der am heutigen Mittwoch in der Bürgerschaft beschlossen werden soll, werden allerdings 14 Anforderungen formuliert. Danach soll der Senat bis Herbst eine Machbarkeitsstudie vorlegen, die alle Aspekte einer Olympia-Bewerbung untersucht.

Konkret geht es um Kosten und Sicherheitskonzepte, die bestehenden Sportstätten und die noch zu errichtenden. Klare Aussagen erwartet das Parlament aber auch zu Verkehrsfragen, über ein Mobilitätskonzept, die Auswirkungen Olympischer Spiele auf Stadtentwicklung, Flächenfraß und Klimaschutz sowie die Nutzung von Stadien, Hallen und Olympischem Dorf nach den Spielen. „Wir wollen nicht drei Wochen Party machen und dann auf einem Schuldenberg sitzen bleiben“, sagt der grüne Fraktionschef Jens Kerstan.

Grundbedingung ist für die vier Fraktionen zudem, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) sich „erkennbar reformiert“. Das bedeutet vor allem den Wechsel von Gigantomanie und Profitorientierung hin zu Nachhaltigkeit und Ökologie. Entsprechende Diskussionen unter dem Titel „Agenda 2020“ will das IOC Anfang nächsten Jahres abschließen.

Die zweite Bedingung ist, dass die Bevölkerung Feuer und Flamme für Olympia ist. Deshalb sollen die HamburgerInnen in einem Referendum darüber abstimmen, ob ihre Stadt sich für Olympische Spiele bewerben soll. Weil in der Hamburger Verfassung Referenden aber gar nicht vorgesehen sind, müsste die Bürgerschaft noch vor der Neuwahl am 15. Februar 2015 kurzfristig eine „Lex Olympia“ in die Verfassung schreiben.

Das war Olympia 2012

Hamburg hatte sich 2003 bereits die für die Spiele 2012 beworben.

Das Konzept: Das Zentrum der „Spiele am Wasser“ mit Olympiastadion, Olympia-Dome, Schwimmstadion und Olympischem Dorf sollte auf beiden Seiten der Norderelbe in der Hafencity und auf dem Kleinen Grasbrook liegen.

Die Region: Segeln vor Kiel, Bahnradfahren in Bremen, Reiten und Radrennen in Niedersachsen, Fußball und Handball auch in Bremen, Hannover, Schwerin, Rostock und Lübeck.

Das Ergebnis: Hamburg unterlag in der nationalen Ausscheidung gegen Leipzig, das international in der ersten Runde scheiterte. Die Spiele 2012 fanden in London statt.

Die CDU legte dafür am Dienstag einen Gesetzesentwurf vor, der „pragmatisch und niedrigschwellig ist“, so Fraktionschef Wersich. Danach soll mit einem einfachen Gesetz eine „Volksbefragung“ beschlossen werden, deren Ergebnis „juristisch nicht bindend ist, faktisch aber schon“, so der für Verfassungsfragen zuständige André Trepoll.

Die Linke lehnt das Ganze rundweg ab: Olympia in Hamburg sei ein „Täuschungsmanöver“ und würde „die soziale Spaltung der Stadt vertiefen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Wow, die Hamburger haben anscheinend Geld ohne Ende, die Elbphilharmonie noch nicht mal abbezahlt, schon will man sich für Olympia bewerben, spricht sogar von einer "Jahrhundertchance". "Jahrhundertchance" für wen?

  • Wollt Ihr Brot und Spiele, oder wollt Ihr Tod und Teufel? So ähnlich muss man sich wohl die Volksbefragung zu einer Olympiabewerbung Hamburgs vorstellen. Die Politik in Hamburg braucht schon mal vorab einen Persilschein für all die Grausamkeiten, die mit Olympia verbunden sein werden. Entmietungswellen, Preisanstieg in allen wichtigen Lebensbereichen, gigantische Bauorgien à la Elbphilharmonie, U-Bahn statt Stadtbahn, Einrichtung neuer "Gefahrengebiete" mit umfangreichen polizeistaatlichen Kontrollrechten und und und. Alles nur für drei Wochen Party? Der Bürger soll abstimmen über Dinge, die konkret noch nicht auf dem Tisch liegen und - typisch CDU - das Ergebnis soll juristisch gar nicht bindend sein. Muster ohne Wert, sozusagen. Der Bürger als willkommenes Entscheidungsergänzungsmittel. Die Gewinne für uns und die Schulden für Euch, wird es am Ende wieder heißen. Ihr hab es doch auch gewollt!

  • Ein "Täuschungsmanöver" ist die selektive Empörungsbereitschaft bei der Linkspartei und das Fehlen eines entsprechend sachlichen, ausgewogenen Umgangs mit politischen Zusammenhängen: http://sochi2014-nachgefragt.blogspot.com.tr/2013/11/die-sotschi-munchen-connection-ein.html

    • @Irma Kreiten:

      Sehr geehrte Frau Kreiten,

       

      dass sich eine münchner Abgeordnete mit einer geplanten Olympiade in München auseinander setzt, werden Sie hoffentlich verstehen. Dass sich die gleiche Bundesabgeornete nicht unbedingt zu einer Olympiade in Russland äußern will, sollten Sie vielleicht einsehen.

       

      Immerhin habe ich von Ihnen auch noch nichts zur Lage der Sami, Yanomami, Sorben, Mapuche, Basken, Aborigines, Tschuktschen, Ovahimba, usw. usf. gelesen, obwohl sie sich bewundernswert für die Tscherkessen und weitere Völker aus dem Kaukasus einsetzen.

       

      Ihre diversen Kommentare in dieser Zeitung hinterlassen bei mir den Eindruck, dass es Ihnen dabei nicht nur um Minderheitenrechte geht, sondern um stark ideologisch geprägte Meinungsäußerungen, mit dem Ziel, die Feinbilder des Antikommunismus zu bedienen.

       

      Witzigerweise sucht sich der Antikommunismus inzwischen, aus Mangel absoluter Feindbilder, ersatzweise auch kapitalistisch-neoliberale Leitfiguren wie Putin aus, mit dem das antikommunistische Kapital ansonsten gut und gerne dicke Geschäfte macht.

       

      Ok. Sie werden mir jetzt sagen, dass Sie aber selbst antikapitalistisch sind, wie viele z.B. auf dem Maidan auch. Das Problem: Antikapitalismus unter dem Zeichen des Antikommunismus führt unweigerlich zu Faschismus, da ein ganzer Strang an möglichen Analysen und Lösungen zum Tabu verklärt werden. Wie z.B. auf dem Maidan auch.

      • @Josi:

        Interessant, wie Sie einer Historikerin, die zum Zarenreich des 19. Jahrhunderts arbeitet, antikommunistische Feindbilder unterstellen. Die russischen Zaren waren ja bekanntermaßen glühende Kommunisten ....Mehr braucht man dazu im Grunde auch gar nicht zu sagen.

    • @Irma Kreiten:

      Oder aber auch der Glaube, dass nichtbindende Referenden (das kennen wir aus Berlin), doch tatsächlich was mit der eigenen Entscheidungsverantwortung zu tun hätten. Die LINKE tut ihre Pflicht als kritische Opposition ggü. einer konservativ-liberalen Regierung (Stadt, Land, Staat), die aus purer Dummheit und Unmenschlichkeit blind dem kurzfristig nach Geld riechenden Duft hinterherläuft. Man fällt, wenn man über die Klippe hinaus ist. Und dann gibts kein Halten mehr. Das gilt es zu verhindern wo es nur geht.

  • Die unsäglichen Verantwortlichen dieser Stadt haben anscheinend nichts besseres zu tun, als immer mehr Events nach Hamburg zu holen!

    Dieses ehemals ganz nette Nest verkommt zusehends zum lächerlichen Komödiantenstadl!

     

    Macht doch ein Disneyland draus - Politiker und Wirtschaftsbosse als Dagobert verkleidet und die Ureinwohner kriegen alle ne Mickeymouse- oder Donald Duck-Maske auf - das ist noch ne Marktlücke!