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Youtube-Hit „Cat saved my Son“Verschwörungstheorie bei Heise

Hund beißt Kind, Katze verjagt Hund, Katze wird als Held gefeiert. Das Video ging um die Welt. Alles inszeniert, meint eine Online-Journalistin.

Hauskatze Tara verjagt den Hund, der kurz zuvor noch am Bein des Jungen zerrte. Screenshot: http://www.youtube.com/watch?v=ckDVpihCPq8

BERLIN taz | Es ist die perfekte Geschichte: Spannung, Dramatik, ein Bösewicht, ein Held und ein Happy End. Fast 23 Millionen Menschen haben dabei zugesehen, wie ein Hund sich an ein Kind heranschleicht, es von hinten attackiert und es an seinem Beinchen die Auffahrt hinunterschleift. Plötzlich kommt die Hauskatze angestürmt, verjagt den Hund und bewahrt das Kind vor weiteren Bissen. Das Youtube-Video mit weniger als einer Minute Länge wurde zum Internet-Hit.

Nun geht eine Verschwörungstheorie der Journalistin Gabriele Hooffacker durch die Medien: Das Youtube-Video sei eine ausgeklügelte PR-Aktion. Hooffacker schreibt in ihrem Artikel beim Online-Dienst Heise.de: „Das Video 'My cat saved my son‘ ist großes Kino“. Es berücksichtige die wesentlichen Nachrichtenfaktoren wie „Neuigkeit, Dramatik, Kuriosität, Konflikt, Gefühle“. Ein so perfekter Clip könne nicht wahr sein.

Hooffacker ist überzeugt: Mit dem Fake-Video wurden lediglich Follower gesammelt, um danach wirksam für die umstrittene Fracking-Technologie zu werben. Schließlich bewertete der Vater des angegriffenen Jungen, Roger Triantafilo, mit dem gleichen Youtube-Account ein Animationsvideo über das Fracking positiv. „Eine halbe Million Leute haben auch dieses Video gesehen“, bemerkt Hooffacker kritisch. Dabei ist vollkommen unklar, wie viele Youtuber durch Triantafilos Account auf das Fracking-Video gekommen sind, denn fast 1.400 andere User bewerteten das Video ebenfalls positiv.

Am Ende der Heise-Verschwörungstheorie steht eine Anmerkung der Redaktion: „Befangenheitserklärung: Die Autorin hat als eine der ersten die Online-Petition gegen Fracking an den bayerischen Landtag unterzeichnet.“

Für die Journalistin deutet jedoch alles darauf hin, dass Roger Triantafilo nur erfunden wurde, das Video eine gekonnte virale Marketing-Aktion ist und Qualitätsmedien wie Spiegel und Focus beim nächsten Mal doch bitteschön zweimal hinsehen sollten. Auch an anderen Stellen wird vermutet, dass das Video ein Fake ist. Ein entscheidender Hinweis wurde jedoch bisher nirgends genannt.

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6 Kommentare

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  • " ... Video mit weniger als einer Minute Länge ..." aber perfekt zusammengeschnitten aus Aufnahmen von drei Kameras ... ist ZUFALL?

     

    Ich bin immer wieder fassungslos erstaunt, WAS die Menschen sich alles unter jubeln lassen!

  • " Ein entscheidender Hinweis wurde jedoch bisher nirgends genannt."

     

    Der Artikel bei Heise verweist auf die leicht nachprüfbare Tatsache, daß das "Zufallsvideo" mit mindestens drei(!) in punkto Auflösung, Kontrast und Schärfe offensichtlich gleichartigen Kameras aus drei Perspektiven in nahezu perfekter Qualität und vollkommen lückenlos gefilmt wurde.

    Aber das ist natürlich völlig unverdächtig - jeder Amateur baut vor seinen zufälligen Schnappschüssen heutzutage zufällig drei zufällig gleiche Kameras vor und hinter zufällig im Wege stehenden Objekten auf und ist zufälligerweise auch perfekt mit Filmschnitt und Dramaturgie vertraut um zufällig einen nahezu perfekten Werbeclip zu produzieren.

    • @Hans Hunz:

      Kuck an, jetzt verstehe ich, warum das video mir sofort "gefaket" vorgekommen ist!

    • @Hans Hunz:

      Oh, unverwackelte (!!!) Bilder von drei gleichartigen (!!!) Kameras!!!111!!elf!!

       

      Äh, ja. Die Aufnahmen stammen vom am Haus angebrachten Überwachungskameras.

       

      Davon abgesehen, dass auch die Bisswunden am Bein des Jungen dokumentiert wurden...

      • @Hans Peter:

        Dann vergleichen Sie doch mal die Winkel der Kameras zueinander und versuchen Sie einen vernünftigen Einsatzzweck für diese in der "Überwachung" eines Privathauses zu finden. Drei parallese Kameras an der selben Seite des Hauses. Keine davon "sichert" irgendetwas sinfälligeres als zwei Meter Gartenzaun oder die leere Zufahrt. Bei gleichmässiger Anbringung müsste der Hausbesitzer mindestens 12 Kameras angebracht haben, um seine Immobilie halbwegs vollständig ins Bild zu bekommen. Sollte er allerdings rundum einen solchen Overkill betreiben, wie vorne, dürfte man das Haus vor Kameras kaum mehr erkennen. Abgesehen davon, dass er dann wohl auch 24/365 seine Nachbarn abfilmen dürfte.

  • Natürlich kann es ein moderner (nicht mal notwendigerweise Boulevard-) Journalist, also ein ausgewiesener Experte für hypende Aufbereitung von realen Ereignissen, niemals auf sich sitzen lassen, dass irgendein dahergelaufener Amateur durch Zufall den perfekten Film dreht - muss ja mit dem Teufel zugehen (zumal der bekanntlich auch beim Fracking seine Finger im Spiel hat)...

     

    Tatsache ist, dass täglich genügend zufällig gedrehte Filmchen die Portale erreichen, dass es nur eine Frage der Wahrscheinlichkeit ist, dass auch mal einer dabei ist, der von einem Fachmann stammen KÖNNTE, tatsächlich aber von einem Laien mit bestimmten poltischen Einstellungen (die man mögen kann oder nicht) stammt. Und dass so ein Film dann auch noch populär wird, hängt mit eben genau dieser Erfüllung der goldenen Regeln und der Schwarmintelligenz zusammen, der Läden wie Google und Facebook ihr Geschäftsmodell und Abermilliarden Ameisen ihre kurzen Wege zur Nahrung verdanken. Hexenwerk? Fehlanzeige.

     

    Aber dieses vermalledeite Fracking muss man doch irgendwie in die Geschichte einbinden können, damit klar ist (und bleibt), wer auf der Welt die Mächte des Bösen sind...