Pro & Contra Spiel um den dritten Platz: Muss das sein?

Am Samstag begegnen sich Holland und Brasilien im „kleinen Finale“. Aber ist das Spiel um den dritten Platz reizvoll oder unsinnig?

Sieht keinen Sinn im Spiel um den dritten Platz: Hollands Trainer Louis van Gaal. Bild: dpa

Pro: Der größte Erfolg der kroatischen Fußballgeschichte: der dritte Platz bei der WM 1998. In der Türkei bis heute unvergessen: der dritte Platz 2002. Der ganze Stolz der polnischen Fußballnation: die dritten Plätze 1974 und 1978. Und wie hätten sich Costa Rica oder Algerien über den Titel „Dritter“ gefreut!

Dass das Spiel um den dritten Platz kleineren Fußballländern die Möglichkeit gibt, einen Titel zu erringen, ist ein gutes, aber nicht das einzige Argument für das „kleine Finale“. In den letzten Turnieren gehörten diese Spiele meist zu den vergnüglichsten, weil beide Teams befreit aufspielten. Das ängstlich über die Zeit gerettete 1:0, das Elfmeterschießen nach einer 1:1-Abwehrschlacht – für gewöhnlich trifft man so etwas im Halbfinale oder im Endspiel, aber nicht, wenn es um den Ehrentitel Dritter geht.

Einige besondere Momente sind mit diesen Spielen verbunden. Das schnellste Tor der WM-Geschichte? Geschossen vom Türken Hakan Sükür, nach elf Sekunden. Der beliebteste Oliver Kahn außerhalb Münchens? Beim Spiel um Platz drei 2006 in Stuttgart. Das Tor, mit dem Davor Suker zum Torschützenkönig wurde? Erzielt im „kleinen Finale“.

Die Kritik an diesem Spiel ist unsportlich und kleingeistig. Saturiertes Genöle von schlechten Verlierern – und verbietet sich im Land des Rekordhalters. Das ist nämlich Deutschland, mit drei dritten Plätzen seit 1970 plus einmal Nazideutschland 1938.

Dieses Spiel zwinge eine Mannschaft, die eine gute WM gespielt habe, mit zwei Niederlagen das Turnier zu beenden, nölt der holländische Trainer Louis van Gaal. Stimmt, das ist blöd. Aber dieses Spiel gibt auch einer Mannschaft, die eine gute WM gespielt hat, die Chance, das Turnier mit einem Sieg zu beenden. Und darauf kommt es im Fußball an. Sonst könnte man ja auch sagen: Scheiß auf den Titel. (DORIS AKRAP, DENIZ YÜCEL)

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Contra: 10. Juli 2010, 21.53 Uhr, Port Elizabeth. Im Spiel um Platz drei gegen Uruguay wechselt Joachim Löw zum ersten Mal. In der 73. Minute kommt Stefan Kießling. Ja, wirklich. Für Cacau. Cacau, genau. Ist doch schön, dass die Hinterbänkler auch mal spielen dürfen, sagen die Verfechter dieses sinnfreien Spiels. Ist es nicht. Das Spiel um Platz drei braucht niemand, es widerspricht der Idee des Fußballs.

Niemand spielt, um nur dabei zu sein. Wer sich im Wettbewerb ernst nimmt, fährt zur WM, um Weltmeister zu werden. Vince Lombardi, Football-Trainerlegende, hat dieses Gefühl mal in einen Satz gefasst: „Gewinnen ist nicht alles. Es ist das Einzige.“ Wer ein Halbfinale verliert, will nicht weiterspielen. Wer nicht im Finale steht, will keine blecherne Medaille umgehängt bekommen, will erst recht keinen „versöhnlichen Abschluss“.

Weder die Brasilianer noch die Holländer verspüren Lust auf dieses Spiel am Samstag. Verständlich, vor allem beim Gastgeber. Denn ihnen droht die doppelte Blamage, unwahrscheinlich, dass ein Sieg die Schmerzen des 1:7 zu lindern vermag. Warum also dieses Spiel? Um der Fußballweltmeisterschaft einen olympischen Geist einzuflößen? Nonsens!

Für die Event-Zuschauer ist das unterhaltsam, wenn zwei hochklassige Mannschaften im Modus eines Freundschaftsspiels aufeinandertreffen. Seit 2002 sind im Spiel um Platz drei immer mindestens vier Tore gefallen. Dass sich auf dem Platz keiner über die goldene Ananas freut, Überraschungstürken und Sensationskroaten ausgenommen, die offenbar nicht verstanden haben, worum es geht – geschenkt. Die Fifa hat noch ein Spiel mehr, das sie vermarkten kann, eine boulevardeske Einstimmung auf das wirkliche, das einzige Finale. (CHRISTOPH FARKAS, MARTIN KRAUSS)

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