Russlands Blick auf Ukraine-Konflikt: Wir doch nicht!

Sind russische Truppen in die Ukraine vorgedrungen? Davon wollen Russlands Medien zunächst nichts erfahren haben.

Ukrainische Demonstranten fordern mehr Unterstützung ihrer Soldaten im Osten. Bild: DPA

MOSKAU taz | Alles steht am Donnerstag noch im Zeichen des 1. Septembers. Er ist der traditionelle Beginn des neuen Schuljahres, den Russland auch als Tag des Wissens groß begeht. Vom Vordringen russischer Truppen in der Ukraine wollten Russlands Medien indes auch am späten Nachmittag noch nichts erfahren haben.

Vielmehr wiesen sie den Alarm aus Kiew als eine der vermeintlich üblichen Propagandalügen der neuen Führung zurück. Nur der Radiosender Echo Moskwy erwähnte, dass nach Angaben der Nato mehr als tausend Wehrpflichtige auf dem Territorium der Ukraine in Kampfhandlungen verwickelt seien. Auch Petro Poroschenkos Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates und die Absage seiner Türkeireise wegen der militärischen Zuspitzung wurden gemeldet.

Moskaus Vertreter Andrei Kelin sagte auf der Sondersitzung der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) am Donnerstag in Wien: „Wir haben ganz klar gesagt, dass Russland mit Ausnahme von zehn Grenzsoldaten keine Truppen in der Ostukraine hat.“ Es gebe keine russischen Militärkolonnen. „Unsere Partner sind nicht an der humanitären Situation im Südosten der Ukraine interessiert, sondern nur an irgendwelchen mystischen russischen Kolonnen von Militärtechnik, die sich angeblich auf Nowoasowsk zubewegen.“

Die ukrainische Armee sei nach einigem Artilleriebeschuss „weggelaufen“ und habe in Nowoasowsk den Separatisten das Feld überlassen. Der ukrainische Präsident Poroschenko hatte am Mittag von einer weiteren Einleitung russischer Truppen gesprochen, den Begriff der flächendeckenderen Invasion jedoch vermieden.

Totgeschwiegen

Nach Angaben von Reuters bewegte sich eine Kolonne von Militärfahrzeugen ohne militärische Abzeichen in //%c3%b6stliche:östliche Richtung von der ukrainischen Grenze weg. Auch die Männer in Tarnanzügen sollen keine Hoheitsabzeichen getragen haben. Beobachter vermuten, die Truppen sollen eine Bresche zur Halbinsel Krim schlagen.

Die Gefallenen des aktuellen Ukrainefeldzugs werden der Öffentlichkeit vorenthalten. Beerdigungen finden in aller Heimlichkeit statt. Eltern erfahren nichts über den Verbleib ihrer Kinder, berichtete die Zeitung RBK-daily. „Verschwundene Regimenter – Fallschirmjägerfamilien suchen ihre Söhne“ hieß es in dem Blatt, das den totgeschwiegenen Verlusten des bekannten Fallschirmjägerregiments aus Pskow in Nordwestrussland nachforschte.

Für Irritation in den sozialen Netzwerken sorgten auch die Stellungnahmen in der Ukraine gefangen gehaltener russischer Soldaten, die sich laut Moskau Anfang der Woche versehentlich zum Nachbarn verlaufen haben sollen. Ella Poljakowa, Mitglied des Rats für Menschenrechte beim russischen Präsidenten, erklärte: „Wenn eine Gruppe von Leuten auf Befehl von Kommandeuren in Panzern und mit schwerer Technik sich nach Überqueren der Grenze auf dem Gebiet eines fremden Landes befindet, dann halte ich das für eine Invasion“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.