Folgen des schottischen Referendums: Konstitutionelle Revolution

Premier Cameron will Großbritannien neu strukturieren. Zunächst bekommen die Schotten mehr Rechte, dann folgen die anderen Regionen.

Britisch zu sein, wird nach der Umsetzung der Cameron-Pläne etwas anderes bedeuten. Bild: dpa

LONDON taz | „Mein Herz ist gerettet.“ Mit diesen Worten wandte sich Großbritanniens konservativer Premierminister David Cameron in einer klaren Morgenansprache vor seiner Residenz in der Downing Street an die Öffentlichkeit. Im Wahlkampf um die schottische Unabhängigkeit hatte er gesagt, sein Herz würde brechen, wenn die Schotten mehrheitlich für die Unabhängigkeit stimmen würden. Das haben sie nun ja nicht. Nun gehe es um einen faire Lösungen für alle Teile des Königreichs – für Schottland, Wales, Nordirland und England.

Cameron erklärte, das Referendum sei eine Chance, Großbritannien grundlegend zu verbessern. Es gehe darum, die Steuerhohheit, regionale Finanzierungsmöglichkeiten und Sozialleistungen neu zu strukturieren. Dafür präsentierte er einen recht konkreten Zeitplan. Dem schottischen Parlament sollen schon bis November mehr Rechte übertragen werden. Im März 2015 soll das Parlament in London dann über eine große Verfassungsreform entschieden haben, die das ganze Land betrifft.

Dann wandte sich Cameron direkt an die Engländer. „Millionen Stimmen aus England müssten gehört werden!“, sagte er. Er will sich dafür einsetzen, dass nur englische Abgeordnete im Parlament entscheiden dürfen, wenn es um spezifisch englische Angelegenheiten geht. Labour steht diesem Vorschlag kritisch gegenüber. Die Partei ist in Schottland und Wales traditionall stark und fürchtet um Einflussmöglichkeiten.

Doch Cameron denkt nicht nur über eine größere Unabhängigkeit für die Regionen nach. Er möchte auch die Rechte der Städte des Landes stärken. Damit nahm er eine von der oppositionellen Labour-Partei gemachte Forderung auf. Entscheidungen der ehemaligen Premierministerin Margaret Thatcher, die zur Auflösung ganzer Stadträte von Kommunen wie London und Birmingham geführt hatten, würden so rückgängig gemacht. Unter Labour-Premier Toni Blair waren sie zwar wieder eingeführt worden. Ihre Einflussmöglichkeiten blieben aber beschränkt.

Andrew Maar, politischer Kommentator bei der BBC, bezeichnete Camerons Pläne als den Beginn einer „konstitutionellen Revolution Großbritanniens“. Der ehemalige liberaldemokratische Parteiführer Menizies Campbell sprach von einer Neudefinition für das ganze Vereinigte Königreich. Britisch zu sein, werde nach der Umsetzung der Cameron-Pläne, etwas anderes bedeuten.

Skeptiker in den Reihen der Konservativen, wie die Parlamentsabgeordneten David Jones und Andrew Rosindell sowie der Führer der populistischen UKIP-Partei Nigel Farage, kritisierten vor allem den straffen Zeitplan, den Cameron aufgestellt hat, auch weil er nun nicht nur Schottland, sondern das ganze Königreich betreffe. Farage forderte die Einstellung jeglicher Zahlungen an Schottland. Labours Alastair Darling, der Führer der „Better Together“-Kampagne, forderte in einer Ansprache alle Parteien auf, die durch das Referendum entstandene Kluft zu überbrücken. Seine Schlussworte lauteten: „Last uns zusammen anpacken!“

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