Kommentar Maklerstreik: Ein schlechter Witz
Der Makler ist einer der überbezahltesten und überflüssigsten Berufsstände im Land. Ein Wegfall von Stellen wäre nicht schlimm.
D ie Piloten, die Bahn, die Amazon-Mitarbeiter – jetzt wollen auch noch die Makler „streiken“. Schön! Endlich ein Ausstand, der niemanden stört. Denn: Wenn die Immobilienvermittler nichts tun, bleibt vielerorts trotzdem wenig liegen – schließlich ist der Makler einer der überbezahltesten und überflüssigsten Berufsstände im Land.
Die Maklerverband BVFI argumentiert, die von der Bundesregierung geplante Einführung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung gefährde 10.000 Jobs. Sorry, aber deren Wegfall wäre nicht schlimm: Dann wären es wieder in etwa so viele Wohnungsvermittler wie vor der Finanzkrise, seit der die Preise im Immobiliensektor enorm gestiegen sind – nicht zuletzt durch preistreibende Courtagen.
Der Streik ist ein schlechter Witz. Man sollte trotz Getöse ernsthaft darüber nachdenken, welche Wohnungsvermittler mit welchen Regeln wir in Zeiten knapper Wohnungen in Städten und Ballungsräumen brauchen. Und ob die geplante Maklerregelung nicht viel zu kurz springt.
Warum darf der Makler dem Wohnungssuchenden per Anzeige immer noch Schrottbuden als Luxusapartments anpreisen? Wir sehen pixelige Fotos auf Onlineportalen, „verkehrsgünstig“ im Text heißt an einer Ausfallstraße, „modern“ vollverfliest. Es ist auch völlig unklar, wieso das Bestellerprinzip nur bei Vermietungen wegfällt, nicht aber für Immobilienkäufe – dabei sind die Provisionen auch hier häufig reine Abzocke.
Immobilienvermittler sind okay, zum Beispiel bei Leerständen. Allerdings haben sie sich ihren Ruf zuletzt mit wenig Tun für massig Geld redlich verdient. Leider lässt das geplante Gesetz Lücken: In angespannten Märkten werden die Makler künftig statt Provision einfach Abstand verlangen – Motto: Einer wird’s schon bezahlen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip