Kooperationsvertrag Russland-Abchasien: Putins offene Arme

Russland und die von Georgien abtrünnige Region Abchasien kooperieren nun enger. Kritiker befürchten eine Grenzverschiebung.

Raul Chadschimba (l.) und Wladimir Putin (r.) bei der Unterzeichnung des Kooperationsabkommens in Sotchi.

MOSKAU taz | Fünf Monate nach der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens zwischen Georgien und der EU hat auch Russland der abtrünnigen georgischen Republik Abchasien einen Kooperationsvertrag unterbreitet. Er wurde am Montag von Kremlchef Wladimir Putin und dem abchasischen Präsidenten Raul Chadschimba in Sotschi unterzeichnet.

Moskau bemühte sich seit Längerem, die Schwarzmeerrepublik mit einem Abkommen noch enger an sich zu binden. 2008 hatte Russland Abchasiens staatliche Souveränität anerkannt.

Dem war ein fünftägiger russischer Feldzug gegen Georgien im August desselben Jahres vorausgegangen. Viele Nachahmer fand der Kreml gleichwohl nicht. Nur Venezuela, Nicaragua und Naura folgten dem Beispiel.

Die wichtigsten Vereinbarungen des neuen Abkommens betreffen Verteidigung und Sicherheit, Außenpolitik, Kontrolle der Grenzen und die Koordinierung polizeilicher Aufgaben. Wirtschaftliche Belange sollen nach Vorgaben der Eurasischen Zollunion geregelt werden.

Partnerschaft anstatt Integration

„Abkommen über Beistand und strategische Partnerschaft“ steht über dem neuen Vertragswerk. Im russischen Entwurf war statt von „strategischer Partnerschaft“ noch von „Integration“ die Rede. Dies missfiel den Abchasen jedoch und der Vertrag wurde überarbeitet.

Doch der Spielraum für eigene Manöver ist gering. Die Erfahrung machte auch der Expräsident Alexander Ankwab, der den Entwurf im Sommer zurückwies. Er musste den Posten räumen. Ankwab sah entscheidende abchasische Interessen nicht berücksichtigt. Im Klartext hieß dies: Die von Russland gewährte Souveränität wurde von Moskau vertraglich wieder eingeholt.

Der neue Vertrag verzichtet auf Passagen, die die Unabhängigkeit ersichtlich in Makulatur verwandeln würden. So wird die abchasische Armee nicht komplett den „Gemeinsamen Streitkräften“ unterstellt, wie es Moskau verlangte. In Friedenszeiten rotiert auch der Oberbefehl zwischen Russen und Abchasen. Statt von einer „wechselseitig abgestimmten Außenpolitik“ spricht das Abkommen von einem „koordinierten“ Prozedere.

Grenzkontrollen fallen weg

Die Abchasen möchten sich auch nicht das Recht nehmen lassen, die maritime Grenze selbst zu kontrollieren. Nicht zuletzt missfällt Suchumi auch die Aufhebung der regulären Grenzkontrollen zwischen Russland und Abchasien. Kritiker fürchten, das käme bereits einer schleichenden Vorverlegung der russischen Grenze gleich.

Die Urfassung des Vertrags war für die Kaukasier fast ehrenrührig. Aber auch die neue Version untergräbt die Souveränität. Dafür erhöht Russland die Finanzhilfe. Bis 2017 fließen 215 Millionen Euro in die Republik. Mit 70 Prozent Zuschuss zum Etat hängt Suchumi ohnehin am russischen Tropf.

Chadschimba drehte bei der Vertragsunterzeichnung den Spieß um: Ohne Abchasien „stünden Nato-Truppen an den südlichen Grenzen Russlands“, sagte er. Die Abchasen hätten sich gegen Georgien verteidigt und damit auch Moskaus Interessen wahrgenommen.

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