Kommentar Neues Asylgesetz: Lautlos eingeknickt
Die Grünen haben der Einschränkung der EU-Freizügigkeit zugestimmt. Denn mit liberaler Flüchtlingspolitik gewinnt man keine Wähler.
S ind die Grünen käuflich? Der Eindruck könnte sich aufdrängen, wenn man sieht, wie geräuschlos der Bundesrat am Freitag das Paket durchgewunken hat, das die Bundesregierung zu Flüchtlingen und zur EU-Freizügigkeit geschnürt hat. Eine Milliarde Euro hat der Bund den Ländern für die nächsten zwei Jahre versprochen, damit sie ihre Flüchtlinge besser unterbringen und versorgen können.
Dafür stimmten auch rot-grün-regierte Länder den durch ein Verfassungsgerichtsurteil notwendig gewordenen Verbesserungen beim Asylbewerberleistungsgesetz sowie den umstrittenen Maßnahmen gegen eine angeblich drohende „Armutswanderung“ aus Osteuropa zu. Das ist pikant.
Als die Bundesregierung im August ihre Pläne zur Verhinderung von angeblichem „Sozialmissbrauch“ durch EU-Zuwanderer vorstellte, da sprachen die Grünen noch von „blankem Populismus“ und davon, damit werde „die europäische Idee in die Tonne“ getreten. Und nun dieser Sinneswandel?
Tatsache ist: Für eine Verbesserung bei der Gesundheitsversorgung von Asylbewerbern haben die Grünen diese bittere Pille geschluckt. Auf ihr Drängen hin sollen Flüchtlinge bald überall Gesundheitskarten bekommen können, so wie es in Bremen und Hamburg bereits Praxis ist. Dafür haben die Grünen einer Begrenzung der EU-Freizügigkeit zugestimmt, von der sie selbst sagen, dass sie gegen europäisches Recht verstößt. Ob das ein akzeptabler Kompromiss ist, ist Ansichtssache.
Ganz überraschend ist es aber nicht, dass die Grünen so lautlos eingeknickt sind. Schon bei der Einschränkung des Asylrechts für Flüchtlinge vom westlichen Balkan hatte sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann erst kürzlich recht biegsam gezeigt. Den Schikanen gegen EU-Einwanderer, die sich die CSU ausgedacht hat, stimmt seine Partei jetzt ebenfalls zu.
Die profane Wahrheit ist wohl: Auch die Grünen wissen, dass man mit einer liberalen Flüchtlings- und Einwanderungspolitik allein keine Wahlen gewinnt. Darum genießt das Thema auch bei ihnen keine Priorität mehr.
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