CIA-Chef räumt Fehler ein: Angeblich nur Einzelfälle

CIA-Chef Brennan weigert sich, die brutalen Verhörmethoden der CIA als Folter zu bezeichnen und verweist auf nützliche Ergebnisse. Diese sind umstritten.

In Erklärungsnot: CIA-Direktor John Brennan. Bild: reuters

WASHINGTON afp/ap/dpa | Nach der Veröffentlichung des US-Senatsberichts über die Folterverhöre der CIA hat Geheimdienstchef John Brennan Fehler eingeräumt. In einer „begrenzten Zahl von Fällen“ hätten CIA-Agenten „nicht genehmigte“ und „abscheuliche“ Verhörtechniken angewendet, sagte Brennan am Donnerstag vor Journalisten.

„Wir haben versagt, wenn es darum ging, einige Agenten für ihre Fehler zur Verantwortung zu ziehen.“ Brennan weigerte sich aber, ausdrücklich von Folter zu sprechen. Der CIA-Direktor wies den Vorwurf zurück, dass die CIA Kongress und Öffentlichkeit über das Ausmaß des Verhörprogramms getäuscht habe. Die Wirksamkeit der brutalen Methoden wollte er nicht beurteilen.

Zwar habe die CIA Erkenntnisse erhalten, die „nützlich“ bei der Suche nach dem Al-Kaida-Führer Osama bin Laden gewesen seien. Allerdings könne man nicht wissen, ob diese Informationen nicht auch auf anderem Wege zu erhalten gewesen wären. Zudem sei die Gefahr groß, dass gewaltsame Befragungen zu Fehlinformationen führen, da sich Verdächtige oftmals Dinge ausdenken würden, um der Tortur zu entgehen.

Der Geheimdienstausschuss des US-Senats hatte am Dienstag die Ergebnisse seiner mehrjährigen Untersuchung über die Misshandlung von Terrorverdächtigen nach den Anschlägen vom 11. September 2001 veröffentlicht. Trotz einiger geschwärzter Passagen gibt der Bericht einen detaillierten Einblick, wie die CIA unter Präsident George W. Bush ein weltweites System von Geheimgefängnissen aufbaute. In ihnen wurden mutmaßliche Al-Kaida-Anhänger ohne richterlichen Beschluss festgehalten und mit brutalen Methoden verhört.

Simuliertes Ertränken

Tagelanger Schlafentzug, simuliertes Ertränken, Todesdrohungen und Schläge sollten Häftlinge zum Reden bringen. Die 500 Seiten lange Zusammenfassung kommt zu dem Schluss, dass die Verhörmethoden kaum brauchbare Geheimdiensterkenntnisse lieferten. Bushs Nachfolger Barack Obama stellte das Programm nach seinem Amtsantritt Anfang 2009 ein. Nach der Veröffentlichung des Berichts wurden weltweit Forderungen nach einer Strafverfolgung der Verantwortlichen laut.

Bei der Pressekonferenz am Donnerstag sagte Brennan, dass die CIA damals nicht auf Verhöre von mutmaßlichen Al-Kaida-Anhängern vorbereitet gewesen sei. „Wir hatten wenig Erfahrung mit der Unterbringung von Häftlingen und herzlich wenige unserer Agenten waren für Verhöre ausgebildet“, sagte Brennan.

Der Geheimdienst habe dann versagt, „zügig die operationellen Richtlinien aufzustellen, die für die Steuerung der ganzen Bemühungen notwendig sind“. Mittlerweile habe die CIA "eine Reihe von Reformen umgesetzt, um sicherzustellen, dass diese Fehler nie wieder passieren".

Erfolg der Methoden fraglich

Dianne Feinstein, Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Senats, widersprach Brennan während dessen Pressekonferenz mit wiederholten Twitter-Salven. Es gebe keine Hinweise darauf, dass durch die harschen Methoden Anschläge verhindert, Terroristen gefangen genommen oder Leben gerettet wurden, schrieb Feinstein bei dem Kurznachrichtendienst. Zudem seien neue Gesetze nötig, weil Obamas Verbot der Maßnahmen sonst rückgängig gemacht werden könnte. Feinstein hatte lange für die Veröffentlichung des Berichts gekämpft.

Trotz allem sind nur Teile des Berichts öffentlich. Zahlreiche Passagen sind geschwärzt, so zum Beispiel die Namen der folternden CIA-Agenten. Zudem seien etliche Stellen im Report auf Wunsch des britischen Geheimdienstes unkenntlich gemacht worden, wie Spiegel Online am Freitag berichtete. In Großbritannien wachse demnach nun die Sorge, dass britische Agenten in den Folterskandal verwickelt sein könnten.

Der Bericht hat den Umgang mit den Anschlägen vom 11. September 2001 wieder zum öffentlichen Diskussionsthema in den USA gemacht. Im Zuge dessen erklärte der Vorsitzende des für die Kontrolle des US-Militärs zuständigen Senatsausschusses nun, Ex-Präsident George W. Bush habe seine Nation im Vorfeld des Irakkriegs entschieden hinters Licht geführt.

In einer Rede im US-Senat in Washington nannte der scheidende demokratische Senator von Michigan, Carl Levin, am Donnerstag Details aus einem CIA-Telegramm aus dem Jahr 2003. In diesem werden Vertreter der Bush-Regierung gewarnt, Zusammenhänge zwischen Mohammed Atta – dem Anführer der Entführer bei den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 – und einem irakischen Geheimdienstler herzustellen, die sich angeblich vor den Anschlägen in Tschechien getroffen hätten.

Fiktive Verbindungen zum Irak

Levin warf der Bush-Regierung vor, dieses unbestätigte Treffen als Beweis dafür genommen zu haben, eine Verbindung zwischen dem Irak und den Terroranschlägen herzustellen und damit die US-Invasion im Jahr 2003 zu rechtfertigen. „Es gab eine arrangierte Kampagne der Bush-Verwaltung, um den Irak in der öffentlichen Meinung mit dem Horror der Attacken vom 11. September zu verbinden“, sagte Levin. „Diese Kampagne hatte Erfolg.“

Levin wies auf Meinungsumfragen aus der besagten Zeit hin, die zeigten, dass die Amerikaner glaubten, dass der frühere irakische Machthaber Saddam Hussein in die Anschläge involviert gewesen sei. „Selbstverständlich waren die Verbindungen zwischen Saddam und 9/11 oder Al-Kaida Fiktion“, sagte Levin.

Er bezog sich auf einen Auftritt des damaligen Vizepräsidenten Dick Cheney im Dezember 2001. Cheney sagte damals: „Es ist sehr wohl bestätigt, dass er (Atta) in Prag war und er sich dort im April, mehrere Monate vor den Anschlägen, mit einem hohen Beamten des irakischen Geheimdienstes in Tschechien getroffen hat.“ Für diese Behauptung Cheneys habe es keine Beweise, sondern lediglich einen einzelnen, unbegründeten Bericht und viele Zweifel gegeben, sagte Levin.

Levin veröffentlichte einen Brief, den er in diesem Jahr vom CIA-Direktor John Brennan bekommen hatte. Der CIA-Chef nannte darin diese Aussage aus dem Telegramm: „Es gibt nicht einen Experten von USG (den US-Antiterrorbehörden) oder FBI, der gesagt hat, dass es Beweise oder 'Wissen' gibt, dass (Atta) in der Tat (in Prag) war. Tatsächlich hat die Analyse genau das Gegenteil ergeben.“

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