Senats-Check zur Landtagswahl: Graf Zahl war knauserig

In der Bildung versuchte die SPD Inklusion zum Nulltarif und verteidigte das Turbo-Abitur. Erfolg bei Abiturientenzahlen, dafür keine Ausbildung für alle.

Die Zeit nannte ihn "Graf Zahl": Schulsenator Ties Rabe (SPD). Bild: DPA

In der Bildungspolitik endete die Legislatur mit einem Knall. Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte die Zahlen der Inklusions-Schüler jahrelang zu niedrig angesetzt, das brachte eine von ihm selbst angeordnete externe Begutachtung zu Tage. Die Kritiker aus den Reihen von GEW und Integrationsschulen hatten recht.

Doch statt sich bei seinen Lehrern zu entschuldigen, denen er zwei Jahre lang unterstellt hatte, sie würden nur der Ressourcen wegen zu viele Kinder melden, ließ er neue Zahlenkolonnen aufstellen: Es habe „2.039 zusätzliche Pädagogen seit Einführung der Inklusion“ gegeben. Das stimmt. Nur waren dies keinen Stellen für die Inklusion. Die eigentliche Inklusion behinderter Kinder war rein durch Umschichtung von Stellen der Sonderschulen und der früheren Integrationsklassen geplant. Laut der entsprechenden Modellrechnung sollte die Stadt sogar ein paar Euro über haben.

Die Legislatur unter Rabe, dem die Zeit den Spitznamen „Graf Zahl“ verpasste, war durchwachsen. Immerhin hatte der SPD-Mann in der Opposition getönt, er werde die geplante Ganztagsbetreuung an Grundschulen (GBS) ein bisschen besser ausstatten, und er hielt Wort. Heute sind Hamburgs Grundschulen am Nachmittag von Kindern bevölkert. In ehemals leeren Klassensälen findet Betreuung statt, allerdings unter immer noch spartanischer Ausstattung.

Neue Oberstufen

Wie von Schwarz-Grün geplant, wurde auch die Schaffung neuer Oberstufen an den Stadtteilschulen umgesetzt. Trotz aller Unkenrufe über diese Schulform wächst nun eine Generation heran, bei der die Mehrzahl Abitur schafft, Tendenz steigend. Nicht erfüllt wurde das Versprechen der SPD, jedem Abgänger ohne Abitur zu einer Ausbildung zu verhelfen. Zwar wurde das zehnte Schuljahr auch für Hauptschüler Pflicht, doch das verbesserte nicht deren Chancen und gilt unter Pädagogen als teures, verlorenes Jahr. Fast ausgetrocknet dagegen wurden die von den Grünen eingeführten Produktionsschulen, wo schulmüde Schüler Lernen und echtes Arbeiten verbinden können, was durchaus erfolgreich ist.

Umgesetzt in dieser Legislatur wurde die Abschaffung des Sitzenbleibens. Mit Geld aus dem „Bildungs- und Teilhabepaket“ des Bundes, dass nur den ärmsten Kindern zusteht, schuf Rabe ein Programm, an dem rund 25.000 Schüler teilnehmen, überwiegend von günstigen Honorarkräften durchgeführt.

Anekdoten für die Presse

Rabe kam als Senator teilweise gut an, der frühere Journalist versteht es, die Presse mit Anekdoten zu unterhalten. Inzwischen ist der Lack etwas ab. Das erste Mal „Basta“-Mentalität zeigte Rabe, als er sich als Kultusminister profilierte und ohne Rücksicht auf gerade erst geschaffene Oberstufen-Profile das Zentralabitur in allen Fächern durchpaukte. Auch bei anderen Themen zeigte er sich resistent gegenüber Kritik von der Basis, tendiert zur oberlehrerhaften Besserwisserei. Sein Credo ist, dass es nicht auf Schulstruktur, sondern auf gute Unterrichtsqualität ankomme. Allerdings wurde unter ihm beim Lehrerbildungsinstitut kräftig gespart, und auch die Schulinspektion pfeift personell aus dem letzten Loch.

Rabes Handlungen orientierten sich daran, es dem Spektrum der „Wir wollen lernen“-Schulreformgegner recht zu machen. Eine Wende trat erst ein, als die Gruppe zerfiel und sich an der Frage der Abschaffung des Turbo-Abiturs sogar spaltete. Die Abwehr dieser Volksinitiative und damit verbundene Verteidigung der Stadtteilschule schaffte in der Schulszene ein Wir-Gefühl, das Rabe mit einschloss.

Aber das ging vorbei. Eine dezidiert rot-grüne Schulpolitik, vor der die AfD auf Plakaten warnt, ist mit diesem Senator nur schwer möglich.

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