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Umweltgerechte VerpackungenBio-Getränk aus der Bio-Flasche

Kunststoffe aus biologisch abbaubaren Rohstoffen gelten als Alternative zu Plastik. Ein Onlinetool will nun informieren. Doch ist das Material okay?

Aus Plastik: Flasche am Strand. Bild: dpa

BOCHUM taz | Gigantische Inseln aus Plastikmüll treiben auf den Weltmeeren – diese Meldung schreckte die Öffentlichkeit auf. Konsumenten von Bioprodukten sehen die Verwendung von Plastik hierzulande nicht erst seitdem kritisch, etliche Hersteller suchen nach Alternativen. Eine könnte sogenannter biobasierter Kunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen sein.

Aber ob der wirklich ökologisch immer sinnvoller ist, ist umstritten. Die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AÖL) im bayerischen Bad Brückenau bietet deshalb jetzt auf ihrer Website www.aoel.org ein Internettool, das über verschiedene Arten umweltgerechter Verpackungen informieren soll. Mitglieder der AöL sind etwa die Biounternehmen Naturata und Rapunzel Naturkost sowie der Babynahrungshersteller Hipp.

Laut Projektleiterin Renate Dylla werden die fünf meistverbreiteten Stoffgruppen bewertet: Polyethylen, PET, cellulose- und stärkebasierte Verbindungen sowie Polylactit. Es geht um die Ökobilanz bei der Herstellung und bei der Entsorgung, aber auch um soziale Fragen: Verdrängt der Anbau der Rohstoffe die Lebensmittelproduktion? Werden die landwirtschaftlichen Mitarbeiter angemessen bezahlt?

Sehr verbreitet sind Verpackungen aus Biomasse bisher nicht. Der „European Bioplastics e.V.“ in Berlin geht von einem Marktanteil von unter einem Prozent aus. Bis 2018 soll sich der Absatz aber vervielfachen. Prominentes Beispiel ist die „Planetbottle“ eines führenden Getränkeherstellers. Die PET-Flasche besteht zu bis zu 30 Prozent aus Bio-Polyethylen, das aus brasilianischem Zuckerrohr gewonnen wird. Das Material ist voll recyclingfähig, es spart Erdöl und wirkt insofern positiv auf die Klimabilanz. Grundsätzlich bedeutet die Bezeichnung Biokunststoff jedoch nicht, dass die Rohstoffe auch ökologisch angebaut werden.

Recycling ist schwieriger

Insgesamt kritisch sieht das Umweltbundesamt (UBA) in Dessau deshalb den Trend. Anders als bei den massenhaft hergestellten konventionellen Verpackungen sei das Recycling schwieriger. Auch werde bei der Produktion nachwachsender Kunststoffe – eben weil die in der Regel nicht bio ist – Kunstdünger eingesetzt, der das Grundwasser belaste und die Böden versauere. Der Anbau mit Traktoren setze Abgase und Feinstäube frei.

Beim UBA hält man die Müllvermeidung durch Mehrwegsysteme oder das Weglassen überflüssiger Verpackungen für ökologischer als Plastik aus Biomasse. Das Internettool der AöL sei aber, so ein UBA-Mitarbeiter, ein guter Anfang, um Konsumenten und Hersteller zu sensibilisieren.

Projektleiterin Dylla hingegen ist optimistisch, dass sich Bioverpackungen am Markt durchsetzen werden. Dabei gehe es, so räumt die AÖL ein, auch um das Image der Lebensmittelhersteller: „Biokunden erwarten zunehmend, dass Folien, Schalen, Flaschen und Beutel aus ökologisch und sozial vertretbaren Rohstoffen produziert werden.“ Wenn schon ein koffeinhaltiges Zuckerwasser in Flaschen aus Zuckerrohr verkauft wird, sollte doch das Bio-Tofu nicht in Plastik eingeschweißt sein, das dann das Meer verdreckt.

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8 Kommentare

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  • "Grundsätzlich bedeutet die Bezeichnung Biokunststoff jedoch nicht, dass die Rohstoffe auch ökologisch angebaut werden."

     

    Fabulieren ist das neue Recherchieren ... Rohstoffe für Bioplastik werden in den seltensten Fällen ökologisch angebaut!

  • Ohne Verpackung geht sogar ohne Bio:

     

    http://taz.de/Recycling--Konsumverzicht/!154276/

  • Es wäre kein Problem und kinderleicht eine Recyclingquote von 100% beim Plastikmüll zu erreichen, wenn jede Plastikverpackung und Plastikflasche mit mindestens 25 Cent (eher 50 Cent) Pfand belegt würde.

     

    Nebeneffekt: Sauberer Umwelt und Geldhinzuverdienst für die Armen.

  • Das scheint der neue Supertrend zu werden: Biogerechte Verseuchung der Meere und der sonstigen Umwelt. Auf die Idee, diversen Unsinn erst gar nicht in Umlauf zu bringen, scheint aber kein Platz in den Köpfen der Vordenker zu sein. Oder liegt es daran, daß über Jahrzehnte angehäufter geistiger Sondermüll eine ähnliche Zerfallzeit hat wie AKW-Abfälle?

  • „Biokunden erwarten zunehmend, dass Folien, Schalen, Flaschen und Beutel aus ökologisch und sozial vertretbaren Rohstoffen produziert werden.“

     

    FALSCH! Ein Biokunde mit halbwegs Grips im Schädel, erwartet ein generelles Vermeiden von überflüssigen Verpackungen!

     

    Aber die ach so umsichtigen Biokunden greifen am Gemüsestand im Supermarkt beherzt zu 3 Zuchini in einer Dicken Kunststoffschale + einer Foliedrumherum oder Gurken die überflüssigerweise in Folie eingeschweist sind usw. .

     

    Ich pers. Kaufe aus Gründen der absolut überflüssigen Mehrverpackung meist kein Biogemüse mehr. Schade eigentlich!

     

    Bevor wir über "umweltverträgliche" Verpackungen reden, sollten wir erst mal darüber reden, ob Verpackungen überhaupt notwendig sind. In den meisten Fällen ist das nämlich gar nicht der Fall.

     

    Hier ein paar Tipps aus dem Jahr 1985 ;)

    https://www.youtube.com/watch?v=mj6UYp9FBYw

    • @EDL:

      Bei frischem Obst/Gemüse trifft das aber nur im konventionellen Supermarkt zu, denn dort kann das Kassenpersonal ja nicht den Unterschied zwischen bio und konventionelle erkennen. Außerdem will man ja den geneigen Kunden nicht in Versuchung bringen ...

       

      In den von mir besuchten Bio-Supermärkten/-Läden hingegen ist so eine Verpackung nur sehr selten notwendig. Das Personal hat Ahnung, und alles ist bio, insofern ist der Betrug durch denKäufer hier prinzipiell gar nicht möglich. ;-)

      • @Macsico:

        Es wär doch vielleicht eine Überlegung wert, ob die Sache mit der Verpackung bei der Bewertung für's Öko-Siegel mit einfließen sollte, will heißen: Plastik-Verpackung kriegt keines mehr. Dann würden die "Bio"-Produkte aus den Supermärkten verschwinden und wieder im Bio-Laden verkauft werden, wo die Bedienung die Ware abwiegt und verpackt. Und hoffentlich bringt das dann auch wieder die echten Bio-Läden auf den Plan.

        • @Ute Krakowski:

          Die Idee gefällt mir - alleine die Umsetzung würde aktuell auch den Bio-Laden ziemlich leer machen.

           

          Nahezu alle mehr oder weniger haltbaren Produkte (Kekse, Haferflocken, Nüsse, Tofu, Joghurts, Nudeln...) aller wesentlichen Markenhersteller im Bio-Bereich sind in solche Kunststoffe verpackt.

           

          Getränke werden auch im Bioladen immer öfters in Kunststoff-Flaschen angeboten, weil die verehrte Kundschaft ja sooo schwer zu tragen hat.

           

          Alle wesentlichen Bio-Markenhersteller wären davon betroffen, die durch ihre Pionierarbeit erst den Markt in Gang gebracht haben.

           

          Ja, Umstellung tut not - und nein, es geht nicht mit einfachen Vorgehensweisen.