: Bahnmitarbeiter als Hilfspolizisten
Dienstanweisung vor der Münchner Sicherheitskonferenz: Speisewagenkellner und Bistrobedienungen sollten die Polizei über die Anreise von potenziellen Gegendemonstranten „informieren“. Bahnsprecherin nennt Zusammenarbeit „gang und gäbe“
VON DOMINIK SCHOTTNER
Die Deutsche Bahn billigt offenbar, dass ein Teil ihrer Mitarbeiter als eine Art „Hilfspolizei“ agiert und auf bloßen Verdacht hin Fahrgäste der Polizei meldet.
Im Vorfeld der internationalen Sicherheitskonferenz mit Russlands Präsident Wladimir Putin, US-Verteidigungsminister Robert Gates und Kanzlerin Angela Merkel am zweiten Februarwochenende in München sollten Mitarbeiter des Bord-Service bei Fahrten nach München die Bundespolizei über „die Anreise erkennbarer Personen und Personengruppen im Zusammenhang mit Gegenveranstaltungen“ informieren. Das steht in einer internen Dienstanweisung, die der taz vorliegt.
Mitarbeiter des Bord-Service arbeiten normalerweise in den Bord-Bistros oder den Bord-Restaurants der Züge. Ihre Kernaufgabe besteht also im Bedienen der Bahnkunden. In sicherheitsrelevanten Aspekten sind sie nicht geschult. „Das machen die Kollegen von der DB Sicherheit“, sagte der Sprecher der Bahngewerkschaft Transnet, Oliver Kaufhold, gegenüber der taz.
Laut Kaufhold komme es öfter vor, dass die Mitarbeiter angehalten werden, in den Zügen „die Augen offen zu halten“. Dies gelte jedoch in erster Linie für Passagiere mit auffälligem Gepäck oder Verhalten. Anweisungen wie die bezüglich der Sicherheitskonferenz seien ein „unüblicher Vorgang“, so Kaufhold: „Man muss die Verhältnismäßigkeit berücksichtigen: Da geht es um friedliche Demonstranten, sonst um mögliche Terroristen.“ Außerdem würden die Bord-Service-Mitarbeiter durch solche Anweisungen überlastet, gab der Gewerkschafter zu bedenken: „Wir haben ohnehin schon immer weniger Personal.“
Die Deutsche Bahn sieht in der Anweisung kein Problem: „Es ist gang und gäbe, dass wir bei solchen Ereignissen [gemeint ist die Sicherheitskonferenz; Anm. d. Red.] mit Behörden, auch der Polizei, eng zusammenarbeiten“, sagte Bianca Walter, eine Sprecherin der Bahn in München. Die Frage, wie ein sonst im gastronomischen Bereich tätiger Bahnmitarbeiter zwischen einem friedlichen und einem nicht friedlichen Demonstranten differenzieren soll, ließ Walter unbeantwortet: „Sicherheitsrelevante Belange diskutieren wir nicht in der Öffentlichkeit.“ Für die Sprecherin geht es in dieser Frage außerdem „nicht um rechtens oder nicht“. Worum es ihr ging, wollte sie der taz jedoch nicht sagen. Auch die für die Ausstellung der Anweisung zuständige Sicherheitsmanagerin gab zu dem Vorgang keine Auskunft.
Thomas Borowik, Sprecher der Bundespolizei in München, sagte auf Anfrage, man habe „ein berechtigtes Interesse, dass keine Gewalttäter mit den Zügen fahren“. Den Einwand, in der Dienstanweisung werde explizit auf Gegendemonstranten der Sicherheitskonferenz, mithin: Pazifisten, abgestellt, kontert Borowik so: „Selbstverständlich ist die Bundespolizei neutral eingestellt.“ Man tue jederzeit „alles, damit jeder das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ausüben kann“, sagte der Sprecher der Bundespolizei.
Während des fraglichen Wochenendes, an dem die Sicherheitskonferenz stattfand, hat die Bundespolizei laut Borowik nur eine Person festgenommen. Diese habe jedoch mit den Gegendemonstrationen nichts zu tun gehabt, sondern sei an einem S-Bahnhof in München festgenommen worden.
Die Bundespolizei ist für die Sicherung der Bahnhöfe, auch der S-Bahnhöfe, zuständig.
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