: Geheimsache RAF
Bundesanwaltschaft gibt Urteile von damals nicht heraus. Exterrorist Folkerts: „Mein Prozess war eine Farce“
BERLIN/FREIBURG taz ■ Das frühere Mitglied der Roten Armee Fraktion, Knut Folkerts, bringt die Karlsruher Bundesanwaltschaft in erhebliche Erklärungsnot. Dem Nachrichtenmagazin Spiegel sagte Folkerts, er sei weder an der Vorbereitung noch an der Ausführung des Mordes an Generalbundesanwalt Siegfried Buback beteiligt gewesen. Er habe sich am 7. April 1977, dem Tag des Anschlags, in Köln und in den Niederlanden aufgehalten. In der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft war der damals 24-Jährige 1980 beschuldigt worden, vom Soziussitz des zur Tat verwendeten Motorrads aus die tödlichen Schüsse auf Buback abgegeben zu haben. Verurteilt wurde er wegen Mittäterschaft.
Folkerts’ Angaben werden auch vom früheren RAF-Mitglied Silke Maier-Witt bestätigt. Maier-Witt hatte nach ihrer Festnahme in den letzten Tagen der DDR berichtet, dass Folkerts am Abend des Tattages mit ihr nach Amsterdam gefahren sei. „Mein Prozess war eine Farce“, sagte Folkerts dem Spiegel. Er räumte aber auch ein, von der Planung des Anschlags auf Buback gewusst zu haben. Er fühle sich „für alles, was die RAF in der Zeit tat, in der ich ihr als Illegaler angehörte, politisch und moralisch verantwortlich“. An einer möglichen Wiederaufnahme seines Verfahrens habe er allerdings kein Interesse. Folkerts: „Das Urteil gegen mich war nach rechtsstaatlichen Kriterien ein Fehlurteil, aber in Stammheim ging es nicht um Recht oder Gerechtigkeit, sondern um Staatsräson.“
Angesichts solcher Aussagen wäre es interessant, die Urteile von damals nachzulesen. Knut Folkerts wurde vom Oberlandesgericht Stuttgart am 31. Juli 1980 zu lebenslanger Haft verurteilt, Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt am 2. April 1985 ebenfalls. Allen dreien wurde die Beteiligung am Buback-Attentat angelastet.
Über eine Herausgabe der Urteile entscheidet Generalbundesanwältin Monika Harms. Entsprechende Anfragen werden von der obersten Anklägerin geprüft und geprüft – seit Mitte April. Will sie warten, bis die Aufmerksamkeit der Medien abflaut? Falls das die Strategie sein sollte, ging sie bisher nicht auf. Immer wieder tauchen neue Informationen auf, die das Interesse an den alten Urteilen zum Buback-Mord nährt. So wurde Ende April bekannt, dass die Bundesanwaltschaft schon seit 26 Jahren Hinweise auf die Mittäterschaft des RAF-Mitglieds Stefan Wisniewski hatte, aber nicht ermittelte.
Der Verein der Karlsruher Justizkorrespondenten, die Justizpressekonferenz, hat sich jetzt mit einem eindringlichen Brief an Harms gewandt. „Wir können uns eigentlich kaum eine Konstellation vorstellen, in der sich ein solcher Herausgabeanspruch aus unserer Sicht eindrucksvoller aufdrängen würde als in diesem Fall“, schreiben die JPK-Vorsitzenden Wolfgang Janisch und Dietmar Hipp. Ein laut Strafprozessordnung erforderliches „berechtigtes Interesse“ liege angesichts der Debatte auf der Hand. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft sagte am Wochenende der taz, auch dieses Schreiben werde „geprüft.“ CHR, WG
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