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G 8 im Klimastreit

AUS BERLIN UND HAMBURG N. FICHTNER UND A. KELLER

Eine Woche vor dem Gipfel in Heiligendamm wird eine Spaltung der G 8 in der Klimapolitik immer wahrscheinlicher. Die US-Regierung lehnt konkrete Ziele für die Reduzierung der Treibhausgase weiter ab. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt hart. Kurz vor dem Gipfel will sie einen letzten Versuch unternehmen, US-Präsident George W. Bush bei einem gemeinsamen Mittagessen zu verbindlichen Klimazielen zu bewegen.

Eine Verbündete fand Merkel gestern in der Mehrheitsführerin des US-Repräsentantenhauses, der Demokratin Nancy Pelosi. Nach einem Gespräch der beiden in Berlin lobte Pelosi die „Führungsrolle“ Merkels beim Klimaschutz und forderte „globale und nachhaltige Lösungen“. Merkel ging nicht auf den offenen Streit mit der Bush-Regierung ein, würdigte jedoch, dass in den USA beim Klimaschutz „viel in Bewegung ist“.

Innenpolitisch ist die Bush-Regierung mit ihrer Antiklimapolitik zunehmend isoliert. Ob sie beim G-8-Gipfel auch international allein dasteht, ist jedoch fraglich. Beobachter gehen davon aus, dass – ganz untypisch für G-8-Gipfel – die Abschlusserklärung erst in Heiligendamm von den Staatschefs selbst endgültig verhandelt wird. Zwischen den Europäern auf der einen Seite und den USA auf der anderen stehen Japan, Russland und Kanada, die sich in der kommenden Woche entscheiden müssen.

Eine besondere Rolle spielt dabei China, das mit vier anderen Schwellenländern ebenfalls nach Heiligendamm eingeladen ist. Die USA und China blockieren sich in der Klimafrage gegenseitig: Die USA monieren, dass China nicht mit im Boot ist; und China verlangt Vorleistungen der Industriestaaten. Auch die japanische Regierung will erst die Schwellenländer einbinden und bremst bei konkreten Zielvorgaben.

Deutlich wurde Chinas Bedeutung gestern beim EU-Asien-Gipfel in Hamburg. Außenminister Frank-Walter Steinmeier versuchte dort sichtlich, seinen Amtskollegen Yang Jiechi zu umgarnen. Beim Familienfoto vor dem Hamburger Rathaus schüttelte er ihm mehrfach die Hand, nahm ihn einmal sogar beinahe in den Arm. Zum Auftakt der Konferenz am Vorabend war es noch zum verbalen Clash gekommen. Während Steinmeier an die „unzweifelhaft gemeinsame Verantwortung“ beim Klimaschutz appellierte, spielte Yang den Ball zurück zu den Industrieländern. „Gestatten Sie mir, darauf hinzuweisen, dass der gegenwärtige Stand des Klimawandels nicht auf die Entwicklungsländer zurückzuführen ist.“

Im Abschlussdokument des Treffens finden sich keine gemeinsamen Zielvorgaben, sondern es gibt lediglich eine Absichtserklärung: Auch nach Auslaufen des Kioto-Protokolls 2012 brauche man ein umfassendes Klimaschutzsystem. Die Verhandlungen dafür sollten bis 2009 abgeschlossen sein.

Auch der Versicherungskonzern Allianz forderte gestern, die Verhandlungen für das Kioto-Nachfolgeprotokoll bis 2009 abzuschließen. Der G-8-Gipfel in Heiligendamm müsse dafür die Weichen stellen. „Die Politik darf das Vertrauen des Marktes nicht enttäuschen“, sagte Allianz-Vorstand Joachim Faber gestern in Berlin. Nur so hätten Unternehmen, die jetzt in klimafreundliche Technologien investieren, die nötige Planungssicherheit. Für den Fall, dass die Politik mit dem Klimaschutz Ernst macht, rechnet die Allianz mit einem Boom der Umwelttechnologie in Deutschland: Bis zum Jahr 2030 könnten dann 700.000 neue Jobs in der Umwelttechnik entstehen.

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