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Antirassistische Demo verboten

■ Berliner Antifa-Gruppe will in Grevesmühlen gegen die angeblichen Mordbrenner von Lübeck demonstrieren

Berlin (taz) – Eigentlich sollte am kommenden Samstag im mecklenburgischen Grevesmühlen demonstriert werden, und zwar gegen den „herrschenden rassistischen Normalzustand“ in Deutschland, wie er beim Umgang mit dem Brandanschlag von Lübeck am 18. Januar „deutlich wurde“. Der Ort war von einer Berliner Antifa- Gruppe aus plakativem Grund gewählt worden: Immerhin stammen die vier jungen Männer, die nach dem Lübecker Brandanschlag kurzfristig festgenommen wurden, aus Grevesmühlen. Alle vier verkehren im neonazistischen Umfeld. Das Motto der Demo lautete daher: „Bringen wir ihnen unsere Wut und unseren Haß.“

Dieser Satz veranlaßte nun das Landratsamt in Grevesmühlen, die Demonstration zu verbieten. In der Begründung, die das Landratsamt der Antifa-Gruppe zukommen ließ, heißt es außerdem: „Sie erklären, das Lichterkettenschauspiel – ein Symbol für gewaltfreie Veranstaltungen – sei ausgereizt. Das läßt auf Ihre Gewaltbereitschaft schließen.“ Und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen linken Demonstranten und rechten Kadern möchte man aus dem Weg gehen. Schließlich hätten die rechtsextremen Jungen Nationalen den August zu ihrem „Aktionsmonat“ erklärt. Auch deren Veranstaltungen seien zwar verboten worden, dennoch sei „mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Konfrontation zu rechnen“.

Durch diesen Passus würden Neonazis doch erst aufgefordert „aufzumarschieren“, meint Sabine Fischer von der Berliner Antifa- Gruppe. Vom Verbot zeigt sie sich nicht beeindruckt. Neuer Treffpunkt für eine Demo sei nun Lübeck. „Wir werden sehen, ob wir von dort nach Grevesmühlen durchkommen.“ Im Gegensatz zu der Berliner Gruppe hält es das Lübecker Bündnis gegen Rassismus für höchst problematisch, ausgerechnet in Grevesmühlen eine Kundgebung abzuhalten. In einer Stellungnahme heißt es, dadurch werde die Bevölkerung „nicht für die eigenen Positionen gewonnen“, sondern „zum Gegner“. Ein massenhafter Einfall von „Besserwessis“ sei „kontraproduktiv“.

Sabine Fischer verteidigt dennoch das Berliner Vorhaben. Sie habe in der Grevesmühlener Chronik nachgeforscht und sei auf die Vertreibung jüdischer Einwohner gestoßen. Nach dem Pogrom von Rostock hätten Jugendliche im Dorf mit ihren Taten prahlen können. „Niemand ist eingeschritten. Das Klima des Rassismus hat dort eine lange Kontinuität.“

Vor Ort scheinen die Menschen einer möglichen Demo eher verstört entgegenzusehen. Im Grevesmühlener Landratsamt gingen bereits Anfragen ein, ob man seine Häuser verbarrikadieren müsse. Annette Rogalla

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