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Hochöfen aus, Metaller kochen

■ 400.000 demonstrierten auf Aktionstag der IG Metall für Lohnfortzahlung bei Krankheit. Die Stahlproduktion im Pott stand still. Heute beginnt Spitzengespräch der Chemieindustrie; beim Bau kriegen Kranke schon weniger Lohn

Berlin/Frankfurt (dpa/taz) – Einen Tag nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen haben gestern bundesweit Hunderttausende Metaller für den vollen Lohn bei Krankheit demonstriert. Der gestrige „Aktionstag“ fand an einem historischen Datum statt: Vor genau 40 Jahren hatte der 16 Wochen dauernde Streik begonnen, der letztlich auch Arbeitern die volle Lohnfortzahlung bescheren sollte. Am Gedenktag unterbrachen die Beschäftigten in zahlreichen Metall- und Stahlbetrieben ihre Arbeit. Mit Nachtwachen, Mahnfeuern, Fackelzügen und Kundgebungen protestierten allein rund 187.000 Stahl- und Metallarbeiter in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen – „an Rhein und Ruhr ruht die Stahlproduktion“, sagte eine Sprecherin der IG Metall. Rund 60.000 Arbeitnehmer der Metall-, Auto und Elektroindustrie, vor allem von Mercedes-Benz, gingen nach Gewerkschaftsangaben bis zum Nachmittag in Baden- Württemberg vor die Werkstore.

In Duisburg wurde bei Thyssen seit fünf Uhr morgens nicht mehr produziert. „Zum ersten Mal in seiner Geschichte kocht auch der Schwelgern II, der modernste und größte Hochofen Deutschlands, auf niedrigster Flamme“, so ein IG-Metall-Sprecher. Nach Angaben der Stahlarbeitgeber richteten die Aktionen erhebliche Schäden an.

Die Machtdemonstration zu diesem Zeitpunkt hatte vor allem symbolischen Charakter. Denn die Unternehmen, allen voran die Autoindustrie, wollen vorerst den vollen Lohn für Kranke weiterzahlen. Abwesenheitstage werden nur dokumentiert und sollen dann später, nach einer tariflichen oder betrieblichen Einigung, verrechnet werden. Wie die tarifliche Einigung allerdings aussehen könnte, ist mehr als ungewiß. Nach dem Scheitern der zentralen Tarifverhandlungen kommt es jetzt auf die regionalen Verhandlungen an.

Die bayerische IG Metall hat bereits angekündigt, heute die Lohnfortzahlung im Manteltarifvertrag kündigen zu wollen. Die Lohnfortzahlung werde dann auf bezirklicher Ebene im Paket mit Weihnachts- und Urlaubsgeld und den geforderten Lohnsteigerungen verhandelt, bestätigte Monika Nebe, Sprecherin des Verbandes der bayerischen Metall- und Elektroindustrie. Dem Bezirk käme damit erneut eine Pilotfunktion für die Branche zu, nachdem dort 1995 der letzte, vergleichsweise hohe Tarifabschluß erstreikt worden war. „Die Mitgliedsfirmen sind in Sorge“, so Nebe. Zum 1. Februar würde in Bayern die Friedenspflicht enden.

Während in der Metallbranche gestern demonstriert wurde, haben es die Beschäftigten auf dem Bau weniger gut. Die rund eine Million Bauarbeiter in Deutschland erhalten künftig bei Krankheit innerhalb der ersten sechs Wochen nur noch 80 Prozent ihres Lohns, teilte der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) gestern mit.

Auch in den Tarifverträgen der Chemieindustrie wird in Sachen Lohnfortzahlung nur auf das Gesetz verwiesen. Unternehmen wie BASF und Schering haben schon angekündigt, kürzen zu wollen. Heute trifft sich die IG Chemie mit den Chemiearbeitgebern zu einem Spitzengespräch, um die Möglichkeit tariflicher Regelungen zur Lohnfortzahlung auszuloten. Reportage Seite 4, Debatte Seite 12

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