: Medienrazzia: Scherf eiert rum
■ Justizsenator will „Konkretisierungsvorschläge“ zum verbesserten Informantenschutz für JournalistInnen umsetzen
Vollmundig hatte Justizsenator Henning Scherf (SPD) nach der Medienrazzia vom 20. August Ini-tiativen des Landes zur Ausweitung des Zeugnisverweigerungsrechts für Journalisten angekündigt. Mittwoch abend stellte er im Rahmen einer Podiumsdiskussion erste Ergebnisse vor. Die beschränken sich auf „Konkretisierungsvorschläge“ zum Zeugnisverweigerungsrecht und zum Beschlagnahmeverbot.
Zwei Mitarbeiter seiner Behörde seien mit der Ausarbeitung beauftragt – neben ihrer normalen Tätigkeit. Er selbst werde sich verstärkt im kommenden Jahr bemühen, diese Vorschläge in der Justizministerkonferenz umzusetzen.
Das sind die eher dünnen Konsequenzen, die Scherf aus der vom Landgericht heftig gerügten Medienrazzia zieht, als insgesamt 40 Polizisten und fünf Staatsanwälte vier Redaktionen und drei Privatwohnungen von Journalisten filzten – auf der Suche nach einem vertraulichen Bericht des Landesrechnungshofes. Scherf begründet seine Haltung damit, daß die Beschlagnahmeaktion durch die gültige Form der Strafprozeßordnung (StPO) abgesichert gewesen sei. Nur deren Änderung könne künftig solche Aktionen verhindern. Damit seien ihm auf Landesebene die Hände gebunden, da die StPO Bundesrecht sei.
Personelle Konsequenzen werde es nicht geben. Die Aktion war von einem Richter abgesegnet worden. Er, Scherf, mache sich strafbar, wenn er daraus rechtliche Konsequenzen für die Staatsanwaltschaft zöge. Ob der Staatsanwalt seine Berichtspflichten verletzt habe, dazu wollte Scherf sich nicht konkret äußern. Es handele sich um einen Streitfall, hieß es lapidar. Oder wie die richterliche Entscheidung zu bewerten sei? Man müsse eben das Ausbildungsniveau einiger Beamten anzweifeln, rügte er.
Im Klartext: Es ändert sich nichts. Mit Medienrazzien ist auch weiter zu rechnen. Das Problem sei sehr komplex, wich Scherf immer wieder aus. Darum gebe es noch erheblichen Diskussionsbedarf. Der Beweis sei die Tatsache, daß auch die vorliegende Gesetzesinitiative der Bundestagsfraktion der Grünen die Vorfälle im August nicht verhindert hätte – was Scherf mehrfach wiederholte. Bis ihn einer seiner Mitarbeiter schüchtern verbessern mußte: Der grüne Gesetzesentwurf hätte die Razzia durchaus verhindert.
Wo bleibt aber nun die angekündigte Bremer Bundesratsinitiative? Zumal mit dem Entwurf der Grünen eine durchaus brauchbare Vorlage existiert. Das zumindest mußte Scherf sich von Gerald Häfner, Mitglied des Bundestages für die Grünen, vorhalten lassen. Die Vorlage beinhaltet größtenteils das, was Scherf nach der Razzia an Änderungen angekündigt hatte. Und sie wird selbst vom CDU-Bundestagsabgeordneten Horst Eylmann, dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses, der durchaus eine Reform der Strafprozeßordnung befürwortet, nicht rigoros abgelehnt. Das Problem am Mittwoch abend war offensichtlich: Scherf hatte die Vorlage nie gelesen. Jeti
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