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Irans Geheimdienst führt Regie

■ Agenten inszenieren in der Wohnung eines deutschen Diplomaten in Teheran ein konspiratives Treffen

Berlin (taz) – Ein gemütliches Abendessen in der Wohnung des Kulturreferenten der deutschen Botschaft in Teheran droht zum Druckmittel Irans im Berliner „Mykonos“-Prozeß zu werden. Am Abend des 25. Juli dieses Jahres saßen in dem im Norden Teherans gelegenen Domizil des Diplomaten Jens Gust sechs iranische SchrifstellerInnen zusammen – allesamt als Kritiker der Teheraner Theokraten bekannt. Gegen 22.30 Uhr sprengten Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes Vevak die traute Runde, sperrten Gust in ein Zimmer und drehten – wie die taz jetzt erfuhr – ein Video, in dem die Literaten als „Spione Deutschlands“ herhalten mußten. Das erklärt der am 16. November nach Deutschland geflohene iranische Lyriker Kameran Bozorgnia.

Die in einem vertraulichen Bericht des Bonner Auswärtigen Amts beschriebene Zusammenkunft war von Gust als privates Treffen geplant. Laut Bozorgnia verdrehten es die iranischen Geheimdienstler jedoch zum Geheimtreffen von Umstürzlern mit exquisiten Verbindungen zur deutschen Botschaft. „Das Treffen wurde so gefilmt, daß es aussah wie ein politisches Treffen“, berichtet Bozorgnia unter Berufung auf mehrere Kollegen, die damals anwesend waren. Die Geheimdienstler hätten Gust und die Literaten gefilmt, dann sei der deutsche Diplomat in einem Zimmer eingeschlossen worden. Anschließend hätten die iranischen Agenten Akten aus Gusts Regalen gezogen und auf einem Tisch ausgebreitet. Die Regimekritiker seien gezwungen worden, sich um den Tisch zu setzen und sind dann samt der Akten gefilmt worden. Diese Darstellung wurde auf Nachfrage der taz aus deutschen diplomatischen Kreisen bestätigt.

Schon früher hat die iranische Führung derart manipulierte Filme später im Fernsehen gezeigt. Angebliche „Spione für Deutschland“ könnten dann – so meint auch Bozorgnia – zum Tode verurteilt werden und als Geiseln für Verhandlungen über einen Austausch der im „Mykonos“- Prozeß Angeklagten dienen. Wie die taz aus anderen Quellen erfuhr, hatten einige der damals Festgenommenen anschließend berichtet, im Verhör sei ihnen vorgeworfen worden, „deutsche Spione“ zu sein. Sie erhielten danach Morddrohungen. Unter den damals festgenommenen Iranern war auch Faradsch Sarkuhi. Der Literaturkritiker und Herausgeber der Zeitschrift Adine wollte am 3.11. nach Deutschland fliegen. Angekommen ist er nie, seine Spur verliert sich auf dem Flughafen Teheran. Nach Angaben Bozorgnias hatte er dort eine Verabredung mit einem Geheimdienstler. Trotz eines für Sarkuhi geltenden Ausreiseverbots habe ihm dieser versprochen, persönlich „zu verhindern, daß irgend etwas passiert“. Das könnte eine Falle gewesen sein.

In Berlin hat unterdessen die Nebenklage im „Mykonos“-Prozeß auf weitere Beeinflussungsversuche Irans hingewiesen. Nebenklagevertreter Wieland sagte am Rande des Prozesses, in Teheran habe der iranische Vizeaußenminister der deutschen Botschaft Dokumente über den anonymen iranischen Zeugen übergeben, auf dessen Aussage der Vorwurf des Staatsterrorismus an den Iran maßgeblich fußt. Laut Wieland sollen sich die Dokumente mit der Glaubwürdigkeit des Zeugen beschäftigen. Im Berliner Restaurant „Mykonos“ wurden 1992 vier oppositionelle iranische Kurden ermordet.

Thomas Dreger Interview Seite 8

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