München ehrt ermordeten Hitler-Attentäter

■ Der Schwabe und Kunstschreiner Georg Elser versuchte 1939 vergeblich, Hitler und andere Nazis umzubringen. Heute wird ein Straßenplatz nach ihm benannt

München (taz) – Die Stadt hat sich nicht immer leichtgetan hat mit dem Gedenken an seine Revolutionäre und Antifaschisten: Nun hat München endlich seinen Georg-Elser-Platz. Heute vormittag um 11 Uhr wird das kleine Areal zwischen dem Kino „Türkendolch“ und einer Schule an der Türkenstraße in Uninähe auf den Namen des Widerstandskämpfers getauft. Der hatte am 8. November 1939 mit einem Bombenattentat im Bürgerbräukeller Hitler stoppen wollen.

Drei Jahre hat die Bürgerinitiative „Aktion Maxvorstadt“ für die Benennung des Platzes gestritten und sogar eine kleine Gedenktafel unter dem Straßenschild durchgesetzt, was in München unüblich ist. In der Türkenstraße 94, ganz in der Nähe des Platzes, hatte Johann Georg Elser seine letzte Wohnung, von der aus er sein Attentat akribisch vorbereitete. Hier konstruierte der gelernte Kunstschreiner aus dem Schwäbischen seine Zeitzünderbombe; von hier aus ging er täglich zum Bürgerbräukeller.

Dort ließ er sich jeden Abend unbemerkt einschließen und arbeitet 35 Nächte lang daran, in eine Säule hinter dem Rednerpult einen Hohlraum für den Sprengsatz zu meißeln. Am 1. November beginnt er mit dem Einbau der Bombe, am 6. November stellt er den Zeitzünder ein. Danach reist er nach Konstanz, um in die Schweiz zu fliehen. Doch die Flucht gelingt nicht. Noch bevor die Bombe explodiert, wird Elser am 8. November abends von zwei Zöllnern eher zufällig verhaftet.

Sein Plan, die Naziführung in die Luft zu jagen, scheitert. Hitler und die anderen Nazigrößen verlassen die Veranstaltung vor 3.000 „alten Kämpfern“ unvorhergesehen früh, die Bombe detoniert 13 Minuten zu spät. Acht Menschen sterben – darunter eine Kellnerin –, 63 werden verletzt. Elser wird verhört und gesteht den Anschlag.

Aus den Protokollen geht seine politische Motivation klar hervor: Seit 1938 hat ihn der „unvermeidliche Krieg“ ständig beschäftigt. „Ich wollte ja auch durch meine Tat noch größeres Blutvergießen verhindern.“ Weil Hitler seine Alleintäterschaft nicht glauben will, wird er weiter gefoltert und kommt schließlich ins KZ Sachsenhausen in Einzelhaft. Kurz vor Kriegsende wird er nach Dachau verlegt, wo er am 9. April 1945 ermordet wird.

Bis heute steht Elsers ebenso mutige wie prophetische Aktion im Schatten des einzigen anderen Attentats auf Hitler, das fast fünf Jahre später stattfand. Der einfache Handwerker, noch dazu einer mit Sympathien für die Kommunisten, schien offenbar weniger gedenkwürdig als der aristokratische Oberst Stauffenberg. Mit dem Georg-Elser-Platz will man in München dem selbst im Gedächtnis der Nachwelt so einsamen Widerstandskämpfer endlich den Respekt erweisen, den er verdient. Thomas Pampuch