: Feste Preise für die silbernen Datenträger
■ Auch für CD-ROM-Produkte gilt künftig eine Preisbindung wie bei Büchern. Der Fachverlag C.H. Beck setzt sich vor dem Bundesgerichtshof mit seiner Klage durch
Karlsruhe (taz) – Die Preisbindung für Bücher gilt künftig auch bei bestimmten CD-ROM-Produkten. Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Der BGH erkennt damit den technischen Fortschritt an und versucht, mit der Preisbindung ein wirtschaftspolitisches Unikum in das kommende Informationszeitalter zu retten.
Anlaß zu dem Rechtsstreit gab der juristische Fachverlag C.H. Beck aus München. Dieser vertreibt seit einigen Jahren seine Zeitschrift Neue juristische Wochenschrift (NJW) auch auf CD- ROM. Für 3.500 Mark bekommt man auf zwei Silberscheiben alle Hefte ab 1981 zu lesen, über 50.000 Druckseiten. Wie im Buchhandel üblich, unterwarf Beck die CD- ROM einer Preisbindung. Dabei mußten sich alle HändlerInnen bei Bestellung einer CD-ROM verpflichten, die Waren zu dem vom Verlag vorgesehenen Endverbraucherpreis abzugeben.
Diese Praxis untersagte das Bundeskartellamt 1994. Es verwies darauf, daß das deutsche Kartellgesetz Preisbindungsverträge aus marktwirtschaftlichen Gründen verbiete und nur für „Verlagserzeugnisse“ eine eng auszulegende Ausnahme mache. Die CD-ROM sei aber wegen ihrer vielfältigen Recherchemöglichkeiten kein klassisches Verlagserzeugnis.
Beck akzeptierte die Verfügung nicht und ging vor Gericht. Der Verlag betonte, daß die NJW-CD- ROM zu mehr als 75 Prozent über den Buchhandel vertrieben werde. Zwar könnte Beck sicher mehr juristische Silberscheiben verkaufen, wenn auch Billigangebote zugelassen würden und das Geschäft dann auch für den EDV-Handel und Supermärkte interessanter würde. Doch fühlt sich Beck als Fachverlag im Buchhandel besser aufgehoben. „Wer sich für unsere Produkte interessiert, soll eine qualifizierte Beratung bekommen, die nur der Buchhandel flächendeckend gewährleisten kann“, sagt Beck-Anwalt Wolfgang Kirchhoff.
Eine Strategie, die stark an das gesetzgeberische Ziel der Buchpreisbindung erinnert: Die BundesbürgerInnen sollen flächendeckend und qualifiziert mit Büchern als Kulturträgern versorgt werden. Die Preisbindung soll auch den kleinen Buchläden um die Ecke das Überleben sichern. Becks Anwälte betonten in der Verhandlung denn auch, daß es dem vom Börsenverein des deutschen Buchhandels unterstützten Verlag nur um solche CD-ROM-Produkte gehe, die als Ersatz für klassische Printmedien anzusehen sind.
Mit dieser Position konnte sich Beck beim höchsten deutschen Zivilgericht auf voller Linie durchsetzen. Der BGH sah die zusätzlichen Recherchemöglichkeiten bei der CD-ROM als bloße Hilfsfunktion, die „nur dazu dient, dem Benutzer die gespeicherte Information zum Zwecke des Lesens zugänglich zu machen“. Das entgegengesetzte Urteil der Vorinstanz – Kammergericht Berlin – wurde kassiert.
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels bewertete die Entscheidung des Bundesgerichtshofs als historischen Durchbruch. „Damit wird die Akzeptanz neuer elektronischer Publikationsformen bestätigt“, sagte der Verbandssprecher Eugen Emmerling.
Das Bundeskartellamt wertete das Urteil allerdings als „kontraproduktiv“ für die Buchpreisbindung. Bei der EU-Kommission werde diese deutsche Besonderheit ohnehin schon kritisch beäugt. „Wenn auch noch die Preise für CD-ROMs gebunden werden“, so Kartellamtsvertreter Kurt Stockmann vor dem BGH, „dann gibt es noch mehr Ärger.“
Mit Preiserhöhungen müssen die CD-ROM-Käufer vorerst nicht rechnen. Das Kartellamt hatte die Preisbindung durch Beck und andere Verlage bis zum Ausgang des Rechtsstreits toleriert. Christian Rath
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