piwik no script img

Kino im falschen Film?

Daß das Schanzenviertel noch ein Kino vertragen kann, darüber sind sich fast alle einig. Nur über den Standort gibt es Streit  ■ Von Judith Weber

Autos stinken durchs Wohngebiet, der Radweg wird zum Parkplatz – das befürchten AnwohnerInnen rund um den Laue-Komplex im Schanzenviertel. Denn auf dem Gelände an der Ecke zwischen Stern- und Kampstraße soll ein neues Kino entstehen. Etwa 350 Plätze in drei Sälen planen die BetreiberInnen des Programmkinos 3001.

Ihrer Angst vor den Nebenwirkungen machten etwa 30 AnwohnerInnen bei einer öffentlichen Anhörung am vorigen Mittwoch Luft. Was ist mit der Ruhe, die zu garantieren das Laue-Gelände als „Wohngebiet mit Kleingewerbe“ausgeschrieben wurde? „Und wo sollen die Kinobesucher parken?“wetterten sie im Stadtplanungsausschuß des Bezirks Mitte. Hier hatte die absolute SPD-Mehrheit im Dezember „Film ab“signalisiert – gegen die Stimmen von GAL und CDU.

Parkplätze und Krach sind kein Problem, meint Frank Stahmann, der das neue Kino mitbetreiben will. Er vermutet, daß viele BesucherInnen ohnehin aus den umliegenden Vierteln kommen und mit dem Rad oder per öfentlichem Nahverkehr anreisen. Die Filme, die sie in den neuen Räumen mit dem Arbeitstitel „4001“zu sehen bekommen, sollen irgendwo zwischen dem Angebot der Kulturkinos Metropolis/3001 und dem von Zeise und Studio liegen. „Europäische Produktionen“wünscht sich Stahmann, „und auch mal Erstaufführungen“. Die sind im 3001 nicht möglich. Denn Erstaufführungsrechte bekommt nur, wer dem Filmverleih eine bestimmte Laufzeit garantiert. Das sei mit nur einem Saal nicht drin.

Daß HamburgerInnen Statistiken zufolge kinofaul sind, und daß die Multiplex-Vorführhäuser sich vermehren wie Karnickel, schreckt weder Stahmann noch seine Mitplaner Jens Meyer und Rainer Krisp vom 3001. Die Filmvielfalt, die das 4001 bringe, könne Hamburg gut gebrauchen, meint Meyer. Multiplexe sorgten schließlich nicht für ein breiteres Angebot, sondern lediglich für mehr Kopien derselben Streifen. Im Gegensatz zu den Leinwand-Riesen soll das 4001 außerdem „ins Viertel integriert werden“, hofft Stahmann. Ein großer Saal mit 200 Plätzen, zwei etwas kleinere: Paßt prima an die Schanze.

Ob das gleiche für die etwa 50 Parkplätze gilt, die die BetreiberInnen nachweisen müssen, ist zweifelhaft. „Die Stellplatzfrage ist noch offen“, gibt auch der Investor zu, die KG B&D Kampstraße Grundbesitzverwaltung GmbH. Sowieso ist die Ecke Sternstraße/Kampstraße für die meisten Beteiligten nur die zweite Standort-Wahl. Ein Kinobau an der Schanzenstraße, wie ihn BetreiberInnen, AnwohnerInnen und anfangs auch der Ausschuß favorisierten, scheiterte jedoch am Preis, sagt Frank Stahmann. Dem Laue-Investor brächte ein kleines Kino dort zu wenig Miete. Die KG B&D schlug statt dessen das Eckgrundstück vor.

Soll das 4001 dort entstehen, muß der städtebauliche Vertrag geändert werden. Der sieht für das Gelände Apartments statt Sälen vor. „Das Kinogebäude ragt etwa sechs Meter in den Wohnblock hinein“, berichtet Peter Illies, Stadtplanungschef des Bezirks Mitte. „Das kollidiert natürlich mit der Terrassenbebauung.“

In der kommenden Woche trifft sich die KG B&D zum ersten Mal mit der Stadtplanungsabteilung. Außerdem wird der Stadtplanungsausschuß nochmal über das Kino verhandeln. Die BetreiberInnen bleiben optimistisch: Sie hoffen, in zwei Jahren den ersten Film zu zeigen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen