: Kommissar im Internet
■ Schwerer Junge oder kleiner Fisch oder: Radio Bremen jagt Kinderpornohändler / Staatsanwalt ermittelt noch
Bei Julia Meyer und Andreas Neumann von Radio Bremen fiel die Klappe. Per e-mail hatte sie ein Kontaktmann über üble Deals mit Pornobildern im Internet informiert. „Bei solchen Informanten muß man immer vorsichtig sein, man weiß nie, inwieweit sie selbst in der Sache drinstecken,“sagt Andreas Neumann.
Buten & Binnen ließ sich von der Seriosität des Informanten überzeugen, da er selbst schon häufiger die Polizei und Staatsanwaltschaft über den Pornohandel informiert hatte. Gestern ging die Jagd auf Kinderpornohändler zunächst im Regionalmagazin „Buten & Binnen“über den Sender. Abends legte die ARD dann bundesweit in „Kontraste“nach.
Während eines Internet-Schwätzchens, chat genannt, waren dem RB-Informanten bestimmte Kodenamen aufgefallen. Er vermutete, daß „Schluckpi“oder „Wilmsons“mit Sexhändeln zu tun haben könnten. Außerdem wurden Pornobilder von 8 bis 12jährigen Kindern wenig verschlüsselt zum Tausch angeboten. „Offensichtlich verabreden sich hunderte Männer am Wochenende auf irgendwelchen Autobahnraststätten, um Pornobilder zu tauschen,“wundert sich der RB - Reporter.
Einigen Tauschwilligen stellten sie nach und überraschten sie mit der Kamera bei ihren heimlichen Treffs.
Die Frage, wo die Pornos herkommen, wollte der Informant dadurch beantworten, daß er ein Kaufinteresse online ins Internet fingerte. „Wir waren erschüttert, als unser Informant schon nach vier Tagen Internet - Suche harte Kinderpornos angeboten bekam,“erklärt Andreas Neumann. Radio Bremen schaltete sofort die Staatsanwaltschaft ein.
Ein mobiles Einsatzkommando rückte zu einem fiktiven Treffen mit einem Dealer auf der Autobahn nach Hannover an. Zwar erschien der Anbieter nicht, aber seine Internetadresse konnte entschlüsselt werden. Ein Mann aus Dormhagen wurde ermittelt, bei ihm wurden PC, Videos, Bilder und Festplatten beschlagnahmt.
Die Sprecherin der Bremer Staatsanwaltschaft, Schäfer, bewertete den Fahndungserfolg via Radio Bremen nüchtern: „Die beschlagnahmten Unterlagen enthalten Bilder mit homosexuellen Darstellungen. Auf einer Festplatte ist ein Bild mit einer Person zu sehen, die möglicherweise unter 14 Jahren ist. Das würde dann den Verdacht auf Kinderpornografie erhärten. Wir werten noch aus.“
Bei Ermittlungen gegen Straftaten, die aus dem Internet heraus geplant und ausgeführt werden, sind die Behörden relativ machtlos, sagte die Staatsanwältin. Weder die Staatsanwaltschaft noch die Bremer Polizei verfügen über Internetanschlüsse, mit denen sie eigenständig fahnden können. „Viele Anzeigen in diesem Bereich erhalten wir derzeit von Privatleuten,“sagt die Staatsanwältin. Gegen den Radio Bremen Informanten wird ebenfalls ermittelt, ob seine Internet Angebote wirklich nur Scheingeschäfte waren.
Die einzige Fahndungstelle für Taten im und aus dem Internet ist derzeit in München beim Bundeskriminalamt. schuh
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen