: Türken bevorzugen ihre heimatlichen Medien
■ Medienstudie: Von deutschen Medien bestenfalls Regionalpresse gefragt
Bonn (taz) – Die gute Nachricht vorweg: Exakt 1,1 Prozent der Türken lesen die taz. Die schlechte: Spitzenreiter sind Bild und Bild am Sonntag, beide zusammen kommen auf 32,4 Prozent. Zwei Zahlen aus einer Studie, die gestern in Bonn das Zentrum für Türkeistudien (ZfT) vorstellte.
Die Mediennutzung der Türken, die erstmals bundesweit per Telefonumfrage unter 2.052 zufällig ausgewählten privaten Haushalten ermittelt wurde, ist bemerkenswert differenziert: Zwar stehen die Medien aus der Heimat erwartungsgemäß in der Gunst klar an erster Stelle – 55 Prozent lesen türkische Tageszeitungen, 40 Prozent sehen türkisches Fernsehen, und die Hälfte hört türkische Rundfunksendungen. Daß die Immigranten sich jedoch aus dem deutschen Alltag ausklinken, konnten die Forscher nicht feststellen. Je nach Alter und Bildungsniveau wird hin und her gesprungen. Immerhin greifen 70 Prozent zu regionalen deutschen Tageszeitungen. Allerdings: Ältere Immigranten und jene, die über keinen Schulabschluß verfügen, informieren sich zu zwei Dritteln aus türkischen Medien. Lieblingszeitung der Türken ist Hürriyet mit einem Leseranteil von fast 72 Prozent. Daten, die von deutscher Seite mit Interesse aufgenommen wurden. Hannelore Wenzel-Dodenberg vom Bundespresseamt, das die Studie in Auftrag gegeben hatte, schlußfolgerte, es mache wohl wenig Sinn, wenn deutsche Politiker sich zu türkischen Themen ausschließlich in deutschen Zeitungen äußerten. Daß die Türken kaum deutsche Tageszeitungen in die Hand nehmen, habe auch mit der unzureichenden Berichterstattung über die Türkei zu tun, mutmaßte Wenzel-Dodenberg. Wie den Deutschen, so ist auch den Türken das Fernsehen heilig. Zwei Drittel haben einen Satellitenanschluß, rund die Hälfte glotzt mehr als drei Stunden täglich. Bei der Wahl der Programme zeigen sich die Türken aber ausgewogen: 50 Prozent zappen zwischen deutschen und Heimatsendern hin und her. Vor allem deutschsprachiges Seichtes ist besonders beliebt – allen voran Spielfilme und Unterhaltungsshows bei RTL. Analysiert wurde über zwei Monate hinweg auch das Deutschlandbild in türkischen TV-Sendungen. Für sie gilt: Deutschland und die hierzulande lebenden Immigranten spielen kaum eine Rolle. Die Berichterstattung sei weitgehend sachlich, auch bei Meldungen über Brandanschlägen. Besonders aggressiv agitiert laut Studie hingegen Kanal 7, der der Erbakan-Partei nahesteht. Dort waren jüngst antisemitische Töne zu hören: Hitlers Kampf gegen die Juden sei in dem Glauben erfolgt, „das Werk Gottes zu schützen“. Severin Weiland
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