: Wundersame Verringerung der Ölpest
■ Bucht von Tokio: Nur ein Zehntel der bisher angenommenen Menge Rohöl floß aus dem havarierten Tanker ins Meer. Menschliches Versagen soll Unfall verursacht haben. Blutiger Kuhkopf gefunden
Berlin/Tokio (taz/rtr/AP) – Menschliches Versagen ist für die Havarie des Tankers „Diamond Grace“ in der Bucht von Tokio verantwortlich. Zu diesem immer noch recht vagen Schluß sind Beamte des japanischen Innenministeriums gekommen, nachdem sie die Besatzung befragt hatten. Der fahrende Tanker habe weder einen Maschinenschaden gehabt, noch sei er bei einem Ausweichmanöver aus der Fahrrinne geraten. Das soll der Schiffsführer laut Innenministerium zu Protokoll gegeben haben. Der Kapitän hatte hingegen angeben, er habe die Geschwindigkeit gedrosselt, um zwischen zwei entgegenkommenden Schiffen hindurchzufahren. Dabei sei die „Diamond Grace“ durch Wind und Strömung auf das Riff gedriftet. Dann hätte der 55jährige allerdings vier Bojen vor dem Riff übersehen müssen.
Möglich ist es. Genauso wahrscheinlich ist jedoch, daß ein Mitglied der Brückenbesatzung einen Navigationsfehler begangen hat. Zum Beispiel, indem er die Seekarte nicht richtig gelesen, eine Untiefe übersehen hat oder einfach übermüdet oder angetrunken war. Nach Untersuchungen der Weltschiffahrtsorganisation (International Maritime Organisation IMO) sind 90 Prozent aller Schiffsunfälle auf die Fehlleistungen des Menschen zurückzuführen. Auch für die größten Ölkatastrophen der vergangenen Jahre war ein Mensch verantwortlich.
Die japanischen Behörden werden weiter ermitteln. Freudig konnten sie gestern verkünden, daß die ausgelaufene Menge weit geringer als zunächst angenommen war. So habe der japanische Tanker nicht 15.000 Tonnen Rohöl in die Tokioter Bucht entlassen, sondern nur 1.350 Tonnen. „Auf wundersame Weise“, so der japanische Premier Ryutaro Hashimoto gestern, sei eine große Menge Öl aus einem leckgeschlagenen Tank in einen danebenliegenden Tank gelaufen.
Auch das ist möglich. Die „Diamond Grace“ hat 14 Tanks. Die sind aufgeteilt in Backbord- und Steuerbordtanks sowie einen in der Mitte. Dazwischen liegen wiederum Ballasttanks, in das Meerwasser bei Leerfahrten gepumpt wird. An einer Stelle soll die Außenhaut der „Grace“ über drei Meter eingerissen sein, als sie am Mittwoch auf ein Riff lief. Drängt nun von außen Seewasser an den Rumpf, kann das Öl aufgrund seiner leichteren Beschaffenheit in das Innere des Schiffes ausweichen.
Ein blutiger Kuhkopf wurde gestern vor der Haustür des Vorstandschefs der Reederei Nippon Yusen gefunden. Die „Diamond Grace“ fährt für Yusen, das größte japanische Schiffahrtsunternehmen. Ob der Kuhkopf in Verbindung zu der Havarie steht, konnte die Polizei nicht sagen. ufo
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