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Hochschulumzug nach Grohn stockt heftig

■ Im Wirtschaftsressort wächst Skepsis gegen den teuren Umzug nach Grohn / Gründe: Technologiepark-Ausbau stellt Kalkulation in Frage und kein Geld aus Bonn

Die großen Pläne für die Hochschule Bremen stehen offenbar vor dem Scheitern. Der Umzug aus der Neustadt auf das Gelände der Roland-Kaserne in Grohn ist zwar noch nicht offiziell abgeblasen. Im Wirtschaftsressort, bisher Motor der Verlagerungspläne gegen eine skeptische Wissenschaftsbehörde, gewinnen jedoch die Gegner des teuren Projekts die Oberhand, wie ein hoher Beamter einräumt.

Auch in der Hochschule sei „bei den maßgeblichen Akteuren die Euphorie und der Dampf raus“, heißt es aus der Umgebung des Rektors Ronald Mönch, der bisher als glühender Verfechter des Umzugs und einer Neugründung seiner Hochschule in Bremen-Nord hervorgetreten war.

Der ehemalige Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU) gilt als Vater der Umzugsidee. Mit der Hochschule samt einem angeschlossenen Technologie-Gewerbegebiet sollte dem von der Vulkan-Pleite gebeutelten Bremen-Nord eine mindestens 250 Millionen Mark teure strukturpolitische Wohltat gebracht werden. Mit Perschaus Wechsel an die Spitze des Finanzressorts sind die Pläne „auf Eis gelegt“worden, wie es heißt. Auch in der Handelskammer fragt man, ob das Geld gut angelegt sei.

Das Umdenken wird ausgelöst durch drei maßgebliche Probleme, die schon seit der Veröffentlichung des Prognos-Gutachtens zum Hochschulumzug im Herbst diskutiert werden. Zum einen hat niemand eine Idee zur Belebung jener Wüste, die der Abzug der 6.500 Studenten, der Forscher und Mitarbeiter in der Neustadt hinterlassen würde. Die „paar Dutzend Millionen“, die nach Ansicht eines Experten investiert werden müßten, sind nirgendwo eingeplant.

Eine weitere Bedingung für einen technikorientierten Gewerbepark in Grohn hatte Prognos formuliert: Ohne einen Ausbaustopp des Technologieparks an der Universität ließen sich ansiedlungswillige Firmen nicht nach Grohn umlenken. Unterdessen haben CDU und Wirtschaftsressort jedoch die Diskussion um die Erweiterung des Technologieparks ins Hollerland vom Zaun gebrochen. CDU-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer begründete die Notwendigkeit des Ausbaus in dieser Woche vor dem Parlament mit der Möglichkeit, daß das Projekt Grohn scheitern könnte. Offiziell stellt Neumeyer den Hochschulumzug jedoch nicht in Frage, ebensowenig wie der SPD-Wirtschaftspolitiker Detmar Leo.

Eine dritte Hürde steht vor dem Umzug: Eine finanzielle Beteiligung der Bundesregierung ist kaum zu erwarten. Der Wissenschaftsrat werde das Projekt nicht unterstützen, sagt ein Wissenschaftsexperte. Es sei kaum anzunehmen, daß die anderen Bundesländer zugunsten der Bremer Umzugspläne auf 130 Millionen Mark für eigene Hochschulbauten verzichteten.

In der Hochschule selbst mehren sich dem Vernehmen nach zudem die Stimmen, die den strukturpolitischen Schuh für zu groß halten, der den Wissenschaftlern von den Umzugs-Befürwortern zugedacht worden ist. Die Substanz sei einfach nicht da, um Firmen mit den nötigen Inputs zu versorgen. So lehne die Deutsche Forschungsgesellschaft die Förderung von Sonderforschungsbereichen in Fachhochschulen ab.

In der Neustadt denkt man schon an eine behutsame Weiterentwicklung: So ließen sich das Ortsamts-Gebäude an der Langemarckstraße und das Gelände der Firma KSB an der Grünenstraße für die Hochschule nutzen. Joachim Fahrun

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