: „Die FDP ist am leichtesten zu übernehmen“
■ Enrico Rudolph (28), Informatikstudent an der Berliner TU und Mitgründer des Projekts „Absolute Mehrheit“, über den Sinn des Massenbeitritts zur Berliner FDP. Den Grünen „wollen wir nicht schaden“
taz: Die FDP hat kein gutes Image, gilt als Umfallerpartei. Warum haben Sie sich ausgerechnet diese Partei ausgesucht?
Enrico Rudolph: Wir haben zunächst die Parteienlandschaft in Berlin analysiert und festgestellt, daß die FDP in Berlin mit ihren rund 2.700 Mitgliedern – davon sind die Mehrheit Karteileichen – am leichtesten zu übernehmen ist. In Berlin gibt es 132.000 Studenten – 3.000 Beitrittswillige reichen, um die FDP zu übernehmen. 850 Unterschriften haben wir schon.
Da haben die Grünen, ebenfalls eine kleine Partei, ja noch einmal Glück gehabt.
Ein Masseneintritt in die Bündnisgrünen stand nie zur Debatte. Wir haben ja nicht die Absicht, die Grünen kaputtzumachen. In der Hochschulpolitik stehen sie uns von allen Parteien am nahesten.
Haben Sie nicht Angst, auf einer studentischen Fete ausgelacht zu werden, wenn Sie sagen: Ich bin übrigens gerade frisches FDP- Mitglied geworden?
Sicherlich, vor vier Wochen hätte ich mir das auch nicht vorstellen können. Aber mit der Satzung der FDP, ihrem Bekenntnis zu Werten wie Toleranz und politischer Verantwortung, gehe ich konform. Wir wollen versuchen, innerhalb der Partei eine andere Hochschulpolitik durchzusetzen.
Wie reagieren die Kommilitonen?
Das ist ganz unterschiedlich. Diejenigen, die ich zum linksradikalen Flügel zählen würde, sind natürlich strikt gegen uns. Die werfen uns vor, wir würden der FDP nur das Überleben sichern, nachdem sie nach dem jüngsten Gerichtsurteil knapp über zehn Millionen Mark an staatlichen Zuwendungen zurückzahlen muß. Wohl deshalb ist auch am vergangenen Wochenende eine getürkte Presseerklärung an die Medien versandt worden, in dem ganz subtil dieser Vorwurf wiederholt wird.
Welchen Eindruck hat denn Martin Matz, der Berliner FDP- Chef, bei Ihnen hinterlassen?
Wir waren natürlich alle sehr überrascht, als er unangemeldet zu einem Treffen unserer Arbeitsgruppe in die Technische Universität kam. Er hat uns dann über die Satzung und das Aufnahmeverfahren aufgeklärt und uns versprochen, daß keine Tricksereien stattfinden werden. Natürlich sind wir uns auch bewußt, daß Herr Matz, der ja in dieser Woche wieder als Landeschef der Berliner FDP wiedergewählt werden will, auch sein Image aufbessern will. Und dann war er sicher auch neugierig, wer da in seine Partei eintreten will.
Gibt es für Sie einen Liberalen, der Ihnen als Vorbild einfällt?
O Gott, das ist schwer. Spontan fällt mir nur Hans-Dietrich Genscher ein. Interview: Severin Weiland
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen