: Öl-Multis bremsen CDU-Kampagne
Einen Wahlkampf an den Tankstellen wollte CDU-Generalsekretär Hintze führen – gegen den grünen Beschluß von fünf Mark pro Liter Benzin. Doch Shell, Esso, BP und Aral verweigern Hintze die Plakatflächen ■ Aus Berlin Thorsten Denkler
Peter Hintze hat ein Problem. Der CDU-Generalsekratär scheint mit seinen Griffen in die Ideenkiste des Wahlkampfmanagements kein Glück zu haben. Erst erntete er aus den Reihen der Ost-CDU vehemente Kritik an seiner Rote-Socken-Kampagne, jetzt verweigert sich die deutsche Mineralölindustrie Hintzes Plakataktion gegen die Forderung der Bündnisgrünen nach einem Benzinpreis von fünf Mark pro Liter. Hintzes Plan: Im „strategischen Umfeld“ von rund 11.000 Tankstellen solle im ganzen Land die Forderung „Mit uns nicht“ an den Werbeflächen prangen.
Mit uns nicht, quittierten jetzt die vier führenden Spritgiganten Shell, BP, Esso und Aral Hintzes Idee. „Von der Sachen her teilen wir die Meinung der Bundesregierung“, meint Alexander Geck, Esso-Pressesprecher. Aber: „Wir müssen parteipolitische Neutralität wahren.“ Uwe Reif von der BP pflichtet bei: „Wir werden uns nicht in den CDU-Wahlkampf hineinziehen lassen.“
In der Bonner CDU-Zentrale bemühte man sich ob dieser breiten Front gegen Hintzes Ideen um Schadensbegrenzung. Ein Sprecher stellte klar, daß mit dem „strategischen Umfeld“ auf keinen Fall das Tankstellengelände selbst gemeint sei. Vielmehr habe man die Ortsverbände aufgerufen, Aktionen „in der Nähe“ von Tankstellen zu starten. Ob dabei auch Werbeflächen mit dem Hintze-Plakat beklebt werden, liege in der Verantwortung der CDU vor Ort.
Den Kampf um die Meinungsmacht an den Zapfsäulen haben die Christdemokraten dennoch nicht aufgegeben. Paketweise sollen jetzt Aufkleber direkt an die Tankstellenpächter verschickt werden, die sie an ihren Kassen auslegen sollen. Auf den Stickern springen dem Autofahrer Sprüche wie „Nein zu Rot-Grün“ und „Mit uns nicht“ entgegen. Der Clou: Das rote CDU-Parteilogo wird auf den Stickern nicht zu sehen sein; Parteinahme kann den Pächtern also nicht vorgeworfen werden, so die Logik der CDU.
Doch auch da machen Esso und Co. nicht mit. Und ohne die Erlaubnis des Mutterkonzerns läuft an den Tankstellen gar nichts. Esso-Mann Alexander Geck: „Wir geben unseren Partnern zwar nur Empfehlungen, aber wenn ein Pächter immer wieder gegen die Konzernmeinung arbeitet, wird man sich überlegen müssen, ob es nicht besser wäre, sich von diesem Pächter zu trennen.“ Auch der Öl- Multi Shell will keine CDU-Werbung an seinen Tankstationen zulassen. Das verwundert zunächst nicht, hat doch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Shell AG, Rainer Laufs, in einem Woche-Interview durchblicken lassen, er könne sich unter bestimmten Bedingungen einen Benzin-Preis von fünf Mark vorstellen.
Inzwischen wird kräftig dementiert. Daß sich der Grünen-Vorschlag unter Umständen realisieren lasse, bedeute ja nicht, daß Shell auch dafür sei, stellte Pressesprecher Matthias von Glischinski klar. Das sei in der Presse alles völlig falsch rübergekommen. Vielmehr seien Steuererhöhungen Gift für die Konjunktur und den Aufschwung. Wahlkampfplakate will Glischinski trotzdem nicht an seinen Tankstellen sehen: „Unsere Pächter werden in diesem Punkt entsprechend angewiesen.“
Alexander Geck von Esso will da mehr. Er wünscht sich den mündigen Tankwart: „Unsere Tankstellen-Partner sind auch Meinungsbildner.“ Geck schreibt im Magazin „Esso-Partner“ regelmäßig über Ökosteuer, Bio-Diesel und „Fünf Mark pro Liter“, damit die Pächter bei Kundennachfragen „einigermaßen fachgerechte“ Antworten geben könen.
Frei in ihrer Meinung sind letztlich nur die Freien. Stefan Zieger, Geschäftsführer des Bundesverbandes Freier Tankstellen, kann verstehen, wenn Tankstellenbesitzer das Angebot der CDU annehmen und sowohl Plakate aufhängen als auch Sticker auslegen. Hintzes Aktion hält er aber nicht für sonderlich geschickt. „Der darf doch jetzt nie wieder an der Mineralölsteuerschraube drehen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen