Stellenstopp gilt nicht für den CDU-Filz

■ Trotz Einstellungsstopp beschäftigt Innensenator Schönbohm seit April den Potsdamer CDU-Kreisvorsitzenden Wieland Niekisch. Senat wurde vor vollendete Tatsachen gestellt. SPD fordert Aufklärung. In

Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) hat einen Parteifreund am Stellenstopp des Senats vorbei auf einen lukrativen Leitunsposten gehievt. Seit 15. April dieses Jahres arbeitet der CDU-Kreisvorsitzende von Potsdam, Wieland Niekisch, bei der Innenverwaltung. Sein Arbeitsgebiet: die „Arbeitsgruppe Grundsatzfragen der Innenpolitik“. Einen Grundsatz freilich hat Schönbohm übersehen: Anders als in den Bezirken gibt es für die Senatsverwaltungen nach wie vor einen Stellenstopp.

Nur in Ausnahmefällen dürfen auch die Hauptverwaltungen Stellen mit Leitungsfunktion mit Bewerbern von außen besetzen. Voraussetzung dafür ist allerdings die ausdrückliche Zustimmung des Senats. Doch die wurde bei der Anstellung von Wieland Niekisch vom Innensenator nicht eingeholt. Im Gegenteil: Bei seiner Sitzung am vergangenen Dienstag wurde der Senat von Schönbohm vor vollendete Tatsachen gestellt – der Arbeitsvertrag mit Niekisch war längst unterschrieben.

Zwar segnete der Senat am Dienstag den Alleingang des Innensenators im nachhinein ab. Doch damit ist die Sache nicht vom Tisch. Bereits auf der Sitzung der Staatssekretärskonferenz am vergangenen Montag hatten nach Informationen der taz zwei Senatsverwaltungen erhebliche Bedenken gegen das nachträgliche Verfahren geltend gemacht.

Und auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Hans-Georg Lorenz, will die Sache nicht auf sich beruhen lassen. „Das erweckt den Eindruck der Mauschelei“, sagte Lorenz zur taz. Die SPD werde im Innenausschuß des Parlaments nachfragen, wie es zu „dieser unangenehmen Sache“ kommen konnte. „Wir werden das Verhalten von Schönbohm mißbilligen“, so Lorenz.

Von seiten der Innenverwaltung hieß es gestern zum Fall Niekisch, daß es sich bei der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages um „ein Versehen“ gehandelt habe. „Schuld daran“, sagte Schönbohms Büroleiter Malte Krause gegenüber der taz, sei die mangelnde Kommunikation in der Verwaltung gewesen.

Jörg Schönbohm und Wieland Niekisch kennen sich aus Schönbohms Zeit in der Brandenburger CDU. Bis zum Ende vergangenen Jahres war der in Klein-Machnow lebende Schönbohm Mitglied dieses Landesverbandes, und zwar nicht im zum Wohnsitz gehörenden Kreisverband Teltow, sondern im von Niekisch geführten Kreisverband Potsdam.

In der brandenburgischen Landeshauptstadt war der als freiberuflicher Wirtschaftsberater tätige Niekisch in der Vergangenheit innerparteilich unter Beschuß geraten. Zwar gilt der 41jährige nach wie vor als Spitzenkandidat der CDU für den Fall, daß es im Herbst zu Neuwahlen für das Amt des Potsdamer Oberbürgermeisters kommen wird. Doch nach jüngsten Umfragen der Meinungsforscher konnte Niekisch nur zwei Prozent der Stimmen auf sich vereinigen. Grund genug für die „Jungen Wilden“, einen Zusammenschluß oppositioneller Christdemokraten aus dem Potsdamer Ortsverband Babelsberg, die Qualifikation des seit 1995 amtierenden Kreisvorsitzenden in Frage zu stellen.

Endgültig soll die Frage des CDU-Kandidaten am 20. Mai geklärt werden. Drei Tage zuvor wird die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung über eine Abwahl des bisherigen Oberbürgermeisters Horst Gramlich (SPD) entscheiden. Uwe Rada