: Das Militär stützt Suharto – und stürzt ihn
■ Steht Indonesien eine Militärdiktatur bevor?
Das Bemerkenswerteste am indonesischen Aufstand ist das Fehlen einer Oppositionsführung. Dies ist die natürliche und beabsichtigte Folge von Präsident Suhartos Regierungsstil. Die blutige Unterdrückung aller demokratischen Organisationen und Strukturen ging einher mit Massakern, wie wir sie in jüngster Zeit aus Ruanda kennen. Nach 32jähriger Herrschaft durch den Suharto-Clan hat nur ein kleiner Teil der Bevölkerung noch vage Erinnerungen an die wirren, aber demokratischen Verhältnisse in den ersten zwei Jahrzehnten nach der Unabhängigkeit.
Das erschwert den Weg zurück zur zivilen Gesellschaft. Daß der herrschende Clan einen Großteil der Wirtschaft kontrolliert, verstärkt noch den Würgegriff, in dem er das Land hält. Nur so ist die einhellige Wut der Bevölkerung zu verstehen. Sie spürt, wie der eiserne Griff erschlafft. Aber Wut und Gewalt schaffen noch keinen gesellschaftlichen Neuanfang.
Die einzigen halbautonomen Machtzentren sind das Militär und die islamischen Vereinigungen. Letztere wurden vom Regime gefördert als Alternative zu den verbotenen Parteien und Gewerkschaften. Bei den Scheinwahlen im vorigen Jahr hatte die islamische Partei einen beachtlichen Erfolg erzielt. Sie hat die Möglichkeit, zur führenden Kraft zu werden, wenn sich eine Entwicklung in Richtung von freien Wahlen zu einer legitimen Volksvertretung abzeichnen würde.
Aber dazwischen steht das Militär, das jetzt de facto die Macht in Händen hält. Zwar ist die Armeeführung von Suharto persönlich ausgewählt; trotzdem dürften die Generäle nicht bereit sein, bis zum bitteren Ende ihren Kopf für den Diktator hinzuhalten. Nur wenn sie die nötige Unterstützung aus dem Ausland erhalten, werden die Generäle versucht sein, selbst an der Macht zu bleiben. Andernfalls ist zu erwarten, daß sie nach einer Übergangsphase das Feld zugunsten einer gewählten Regierung räumen werden.
Es wird jetzt auch darauf ankommen, ob die Amerikaner ihre Lektion aus dem Jahre 1966 gelernt haben, als sie die Militärs mit Suharto an der Spitze bei ihrem Putsch gegen Staatsgründer Sukarno ermutigt und unterstützt hatten. Damals galt als triftiger Grund, daß Sukarno mit Unterstützung der Kommunistischen Partei regierte. Vielleicht ist Washington jetzt bereit, eine – gleichfalls ungeliebte – islamische Partei zu tolerieren. Andrea Goldberg
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