: Ostberliner Azubis bevorzugen Rechtsparteien
■ Studie: 10 Prozent der West- und 20 Prozent der Ost-Auszubildenden für Rechtsextremisten
Berlin (taz) – Überwiegend verhalten sie sich „normal“, die Berliner Jugendlichen. Das war die Haupterkenntnis, die Jugendforscher Hans Merkens vom Zentrum für Europäische Bildungsforschung an der Freien Universität Berlin anläßlich der Vorstellung seiner Studie „Lebensstilstudie Berliner Jugendlichen“ gestern immer wieder betonte.
Er hat im vergangenen Herbst in einer Studie rund 6.500 Berliner Jugendliche aus den Klassen 7 bis 12 aller Schultypen, darunter Auszubildene, über ihre familiären Lebenstile und ihr Freizeitverhalten befragt.
Doch das positive Ergebnis der Studie trügt. Insgesamt werden 20 Prozent der Jugendlichen als „gefährdet“ eingestuft, weil sie „radikale Lösungen billigen, ohne sich daran zu beteiligen“. Die Anzahl derjenigen Jugendlichen, die sich nicht „dem Grundkonsens der Gesellschaft anschließen“ (O-Ton Merkens), liegt bei rund vier Prozent.
Dies seien überwiegend Jugendliche, die aus einem disharmonisch-autoritären Elternhaus kämen. Sie hätten, so Forscher Hans Merkens, ein schlechteres Wohnumfeld und weniger Freizeitangebote, seien unsicherer, hätten schlechtere Schulleistungen und hielten das Leben eher für sinnlos. Sie übten häufiger aktive Gewalt aus, erlitten allerdings auch mehr Gewalt und seien fremdenfeindlicher. „Diese Jugendlichen brauchen dringend unterstützende präventive Maßnahmen der Jugendhilfe“, appellierte Merkens. Angebote nur für eine spezielle Klientel, also HipHopper oder Hooligans anzubieten, reiche nicht aus, da insbesondere die „gefährdeten“ Jugendlichen nicht an bestimmten äußerlichen Merkmalen zu identifizieren seien. Vielmehr müsse es sich um offene Angebote für alle Jugendliche handeln.
Als besonders besorgniserregend sieht Merkens die Ergebnisse über das Wahlverhalten an. Die Studie ergab nämlich, daß im Ostteil Berlins bei Wahlen 20 Prozent der befragten Auszubildenden für rechtsextreme Parteien wie die DVU, NPD und die „Republikaner“ stimmen würden, im Westen immerhin zehn Prozent.
Der Forscher schlußfolgerte daraus, daß das „Umfeld der Ausbildung“ rechte Positionen begünstige und forderte deshalb, daß sich die Lehrkräfte dieser Schulen stärker mit dieser Problematik auseinandersetzen und Konzepte entwickeln müßten.
Die Jugendlichen an den Ostberliner Schulen würden dagegen vor allem PDS (13,3 Prozent) und Grüne (13,9 Prozent wählen). Die CDU käme nur auf 6,9 Prozent, die SPD auf knapp 13. Bei den Schülern im Westen stünden die Grünen mit 23 Prozent Zustimmung am höchsten in der Gunst, gefolgt von der SPD mit 18 Prozent und der CDU mit 13,3 Prozent. Über alle Schultypen verteilt würden rund vier Prozent rechtsextrem wählen.
Gut ein Drittel aller befragten Jugendlichen würde jedoch gar nicht wählen gehen. Daran sei deutlich zu sehen, so Merkens, daß es SPD und CDU nicht gelingen würde, diesen Jugendlichen, die eigentlich den untersuchten politischen Grundüberzeugungen nach ihre Wähler seien, für sich zu gewinnen. Julia Naumann
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