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Das MTB: Ein harter Typ, erstaunlich sanft

■ Gemacht für Feld, Wald und Wiese, für Berg rauf und Berg runter. Und neuerdings kommt das Mountie gefedert und gedämpft daher. Trotzdem bleibt es meistens eine edle Erscheinung, sparsam ausgestat

Ohne die Erfindung des MTB würden wir alle wahrscheinlich Auto oder Moped fahren. Denn vor 25 Jahren war das Fahrrad in seiner überkommenen Version so gut wie tot. Die Rettung aber kam aus den USA. Von Leuten, die damals als durchgeknallte Hippies galten. Von Gary Fisher and his friends zum Beispiel. Die fanden es verdammt lustig, auf Ballonreifenrädern kalifornische Berge runterzudüsen. Da sie das auf ein und demselben Bike mehrmals machen wollten, waren sie gezwungen, über stabilere Rahmen und bessere Komponenten nachzudenken. Ihre Verbesserungsvorschläge setzten sich durch, seit Anfang der achtziger Jahre hat sich das MTB als eigenständiger Fahrradtyp etabliert und hierzulande einen nicht mehr für möglich gehaltenen Bike-Boom ausgelöst. Dabei kommen klassische MTBs (auch Cross-Räder oder Off-road- Maschinen genannt) ohne StVZO- Ausstattung daher, haben etwa keine Lichtanlage. Auch die Schutzbleche fehlen, so daß einem der nasse Dreck von unten ungehindert ins Kreuz geschleudert wird. Sie sind in erster Linie Sportgeräte und Kraftmaschinen, gemacht fürs Feld-Wald-und-Wiesen-Programm. Trotzdem sind sie im Idealfall leichte und elegante Erscheinungen.

Das ist zuerst einmal dem Rahmen geschuldet, dessen Höhe fünf bis zehn Zentimeter unter Normal liegt und der durch sein stark abfallendes Oberrohr auffällt. Die Rohre sind zumeist überdimensioniert („oversized“), vor allem, wenn dünnwandiges Aluminium verwendet wird. Die Verbindung von geringem Gewicht mit ausgesprochener Stabilität kann auch erreicht werden durch hochwertige Stahllegierungen (Chrommolybdän) sowie die teuren Titan- und Carbon-Rahmen.

Typisch fürs MTB sind die etwas kleineren Laufräder (26 Zoll), die für Wendigkeit sorgen, und die voluminösen Reifen mit griffigem Stollenprofil in einer Breite ab 42 Millimeter. Ebenso die vollkommen gerade MTB-Lenkstange (oder aber statt dessen der sogenannte Hörnchenlenker). Cantilever-Bremsen mit ihren separaten Anlötsockeln gehören nach wie vor zum Standard, sind indes auch schon seit längerem an jeden guten Trekkingrad zu finden. Auch in puncto Antrieb war das MTB Trendsetter, was sich vor allem auf die Bandbreite der Übersetzung bezieht. Heute kommen grundsätzlich Kettenschaltungen zum Zuge, die vorne drei Kettenblätter und hinten sieben oder acht Ritzel aufweisen. Wenn wenigstens ein Ritzel größer ist als das kleinste Kettenblatt, sprechen Radfreaks von steilwandtauglicher „Untersetzung“ und verwechseln dann häufig ihr Bike mit einer Gemse. Derartige Schaltungsmöglichkeiten sind mittlerweile an den meisten MTB vorhanden. Ob sich dagegen die brandneue 14-Gang- Nabe – obgleich vorrangig fürs MTB konzipiert – durchsetzen kann, steht noch in den Sternen.

Ein Muß ist hingegen für viele Montainbiker die Federung geworden. Vor allem für die Downhiller, also für diejenigen, die sich wie weiland Gary Fisher mit dem Velo am liebsten von oben nach unten bewegen. Wem dabei die Bereifung oder die normale Elastizität des Rahmenmaterials nicht ausreicht, der hat zwei Möglichkeiten, diese Härten abzumildern: vorne eine Federgabel, hinten eine Vielzahl von Feder- und Dämpfungselementen. Federgabeln sind an sich ein alter Hut, jedes Motorrad ist damit ausgerüstet. Beim Fahrrad und gerade bei einem, das man auch im Gelände noch sicher lenken möchte, kommt's drauf an, daß bei einem Federweg von bis zu 100 Millimetern die Gabel noch als verwindungsarm und steif erlebt wird. Dies scheint bei den gängigen Modellen gegeben zu sein – Federgabeln sind insofern unter den Freunden des Bergrades quasi unumstritten. Diskutiert wird, ob man sich damit zufriedengeben und den Hinterbau so stabil lassen soll. „Hardtail“ heißt so ein halbgefederter Bolide. Ist hingegen auch der hintere Teil des Fahrrades gefederte Zone, spricht man von Fullsuspension oder einem „Fully“. Dann sind wenigstens einfache Dämpfungselemente montiert, im Gestänge eingeklemmte Elastomere, elastische Gummi- oder Polyurethanblöcke. Schon eher zum Bereich High-Tech zählen dagegen Schraubenfedern sowie Stoßdämpfer, die mit Luft oder Öl funktionieren. An etlichen MTB-Modellen ist im Hinterbau sowohl das eine als auch das andere zu bewundern. Ergebnis ist auf den ersten Blick ein futuristisch anmutendes Rahmengestänge. Und die nächsten Resultate seien ein Übermaß ein Fahrkomfort und eine Tendenz zum schwammigen Fahrverhalten. Und die Federn müßten ständig nach- und eingestellt werden. Sagen die Hardtail- Fans. Es scheint, als ob die MTB- Szene an der Frage „Vollgefedert oder hinten voll hart“ noch eine Zeitlang zu kauen hat.

Wer sein MTB vorrangig im Stadtverkehr einsetzt, dem könnte das sowie egal sein. Genaugenommen könnte er sich auch gleich ein Stadt- oder Trekkingrad besorgen – die haben heute vieles von dem, was früher nur ein Mountie hatte. Und Schutzbleche und Lichtanlage noch dazu. Helmut Dachale

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