Raus aus Kohls Sahelzone

■ Schröder stützt SPD-Kulturbeauftragten Naumann bei Nein zu Holocaust-Mahnmal

Potsdam (taz) – SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder hat Zustimmung zur Forderung seines Kulturbeauftragten signalisiert, auf das Holocaust-Denkmal in Berlin zu verzichten. „Ich bin ihr sehr nahe“, kommentierte Schröder die Position von Michael Naumann bei der ersten gemeinsamen Pressekonferenz beider Politiker. „Mich hat nicht zuletzt die Debatte um die Dimension erschreckt“, sagte Schröder gestern in Potsdam und ergänzte: „Ich möchte noch Teil dieser Diskussion sein.“

Naumann hatte am Wochenende ein Holocaust-Denkmal kategorisch abgelehnt. Gestern bekräftigte er seine Befürchtung, daß „die Erinnerung zu einer Kranzniederlegestelle vereist“. Nur Stunden vor Schröders Äußerungen hatte der Fraktionsvorsitzende der SPD im Berliner Ageordnetenhaus, Klaus Böger, auf Anfrage der taz seine Unterstützung für die Denkmalpläne erneuert. Schröder scheint auf Streit bereits vorbereitet zu sein. „Ich habe gar keine Angst vor einer kontroversen Diskussion auch in der eigenen Partei“, sagte er.

Naumann präsentierte sich in Potsdam entspannt und launig. Nach der „kulturpolitischen Sahelzone“ der Kohl-Jahre sei seine erste Priorität die „Bewässerung“. In den vergangenen Jahren sei Kulturpolitik oft „diskussions- und phantasiefeindlich gewesen“. Als erstes konkretes Projekt kündigte er ein Stauffenberg-Stipendium für Soldaten an. Drei junge Männer aus Marine, Heer und Luftwaffe könnten dabei mit einem Essay über den deutschen Widerstand einen Jahresaufenthalt in einem Nachbarland gewinnen.

In der Diskussion um die im 2. Weltkrieg nach Rußland verschleppte Beutekunst warnte Naumann die Deutschen davor, mit dem „großen Finger“ nach Moskau zu zeigen. Auf keinen Fall dürfe diese Frage die deutsch-russischen Beziehungen stören.

Die SPD will die Frage der Kompetenzen eines künftigen Kulturbeauftragten im Kanzleramt offenbar bis nach der Bundestagswahl offenhalten. „Darüber entscheiden wir im Zuge der Regierungsbildung“, sagte Parteisprecher Michael Donnermeyer gestern der taz. Naumann selbst erklärte, er habe keine genauen Vorstellungen von seinen Kompetenzen. Patrik Schwarz