: Wirtschaftsherren blockieren den Wind
■ Was Senat und Bürgerschaft wollen, schert das Wirtschaftsressort wenig: Anstatt in Gewerbegebieten Windräder aufzustellen, blockieren Hattigs Beamte den Ausbau der Windenergie
Die neue Bundesregierung beschwört die Energiewende. Aber in Bremen gehen die Uhren anders. Und das liegt an der Führung des Wirtschafsressorts unter Senator Josef Hattig (CDU). Denn obwohl die Bremische Bürgerschaft schon im letzten Sommer einstimmig ein ehrgeiziges Programm zur Windkraftausbauplanung beschlossen hatte, leistet das Wirtschaftsressort hinhaltenden Widerstand gegen Windräder im Industriepark West bei den Stahlwerken und in der Hemelinger und Mahndorfer Marsch.
Über eine Begründung schweigt sich das Ressort aus. Bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) heißt es, potentielle Investoren würden durch die Windräder abgeschreckt. Unternehmen fühlten sich durch Lärmbelastung und die Optik gestört. „Folglich“, so WfG-Sprecherin Jutta Feldner, „ist die WfG gegen den Bau von Windkraftanlagen“. Welche Firmen sich über mögliche Windräder in der Nachbarschaft beklagt haben, will die WfG aber nicht verraten.
Hans-Jürgen Blöcker von den Stahlwerken, auf deren Nachbar-grundstück gemäß der Ausbauplanung elf Windräder mit einer Leistung von je 1.000 Kilowatt entstehen sollen, beteuert, die Stahlwerke hätten nichts dagegen. Das für die Windräder vorgesehene Geld könne man aber sinnvoller in Energieeinsparung bei den Stahlwerken investieren. Das brächte auch mehr für die Umwelt.
Holger Bruns, Sprecher von Umweltsenatorin Tine Wischer (SPD), will die Argumente der WfG nicht akzeptieren: „Die sollen sagen, welche Firmen wegen der Windräder nicht kommen wollen“. Außerdem könne das Wirtschaftsressort nicht einfach Beschlüsse des Senats und der Bürgerschaft ignorieren. Für die geplanten Windräder gebe es Investoren.
Die Stadtwerke haben sich kürzlich bereitgefunden, im Rahmen einer „Bremer Klimaschutzerklärung“ ein Viertel der für 1999 avisierten knapp fünf Millionen Mark Investitionen für die Windenergie zu übernehmen. Zusätzlich haben die Stadtwerke angekündigt, ab dem kommenden Jahr gesondert Öko-Strom anbieten zu wollen. Mit den höheren Erlösen soll Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen ausgebaut werden.
Wegen des Widerstands des Wirtschaftsressorts ist nun aber der größte Ausbauschritt der Windkraft in Bremen für 1999 blockiert. Weil sich in der Stromer Feldmark und am Rekumer Berg in Farge die Anwohner querlegen, dürften auch kleinere Windparks nur abgespeckt zu realisieren sein. Weil auch die 15 in der Hemelinger Marsch und in Mahndorf geplanten Mühlen gefährdet sind, droht die Windkraftausbauplanung, die bis 2005 bis zu 104 Anlagen im Land Bremen vorsieht, Makulatur zu werden.
Im Hause der Umweltsenatorin versucht man, das Programm zu retten und unstrittige Standorte wie etwa an der Blocklanddeponie vorzuziehen. Um die Blockadehaltung des Wirtschaftsressorts zu brechen, erwägen die Umweltbeamten, noch einmal die Bürgerschaft und den Senat anzurufen.
Gar nicht glücklich ist auch der umweltpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Jens Eckhoff. Auf seine Initiative hin hatte das Parlament im Vorjahr die Windkraftoffensive einstimmig beschlossen. Jetzt will er mit seinem Parteifreund Josef Hattig verhandeln, „um das Problem aus der Welt zu schaffen“. „Dabei müssen wir uns jeden einzelnen Standort genau angucken“, sagt Eckhoff. Aber: „Im Zweifel gibt es Bürgerschaftsbeschlüsse und die müssen umgesetzt werden“. Joachim Fahrun
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