piwik no script img

Stromrebellen müssen Atomstrom kaufen

■ Elektrizitätswerke Schönau wollen keinen Atomstrom mehr vertreiben, doch Netzbetreiber weigert sich, Ökostrom durchzuleiten

Freiburg (taz) – Selbst Energieversorger leiden unter dem Widerstand der Netzbesitzer. Die „Stromrebellen“ im Schwarzwalddorf Schönau scheiterten bislang mit ihrem Ansinnen, nur noch atomkraftfreien Strom zu vertreiben, am Widerstand der Kraftübertragungswerke Rheinfelden (KWR). Bereits zum 30. September hatten die Elektrizitätswerke Schönau (EWS), die rund 2.500 Einwohner mit Strom beliefern, den Versorgungsvertrag mit den KWR gekündigt, um künftig Strom von der Hamburger VASA Energy zu beziehen und weiterzuverkaufen. Doch die KWR weigern sich beharrlich, den Strom nach Schönau durchzuleiten. Die VASA Energy ging 1997 aus der Hamburger Kommunalfinanz hervor und ist heute zu 75 Prozent im Besitz des größten skandinavischen Stromversorgers Vattenfall.

„Wir werden rechtswidrig behindert“, klagt Marcus Mattis, Geschäftsführer der VASA Energy. Denn nach dem neuen Energiewirtschaftsgesetz können sich die Schönauer eigentlich aussuchen, wo sie ihren Strom beziehen möchten. Und weil die VASA Energy schon heute einen atomstromfreien Energiemix aus Dänemark liefert, würden die Schönauer gerne wechseln. Der bisherige Lieferant KWR hat aus eigenen Beteiligungen an AKWs auch einen Anteil Atomstrom im Netz. Außerdem liefert die VASA Energie ihren Strom auch noch ein Fünftel günstiger als die KWR.

Doch die KWR sind der Ansicht, der Stromlieferungsvertrag mit Schönau laufe noch bis Mitte 2000, obwohl im Vertrag bei Änderung der „allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse“ eine eindeutige Kündigungsfrist von einem Monat fixiert ist. So werden EWS und VASA Energy ihre Interessen nun per Gericht einfordern. Schuld an diesem Streit hat letztendlich das neue Energiewirtschaftsgesetz, das von der alten Bundesregierung derart lückenhaft verfaßt wurde, daß es über die Konditionen der Stromdurchleitung keine ausreichende Auskunft gibt. Der Schönauer Vordenker und Kopf der „Stromrebellen“, Michael Sladek, will durch eine Klage nun dafür sorgen, daß die Lücken geschlossen werden, die von der CDU/FDP-Regierung hinterlassen wurden: „Wie sind die Nachputzer der Politik.“

So klappt trotz offizieller Liberalisierung des Strommarktes die freie Wahl von Ökostrom am ehesten dort, wo der Strom in der Nähe des Verbrauchers produziert wird: In Bleibach im badischen Landkreis Emmendingen wird die bundesweit erste Produktionsanlage für Schwermaschinen entstehen, die komplett mit Erneuerbaren Energien versorgt wird. Das Schwarzwälder Unternehmen Wasserkraft Volk AG will am Ufer der Elz ein Wasserkraftwerk bauen, das den Strom produzieren wird, mit dem wiederum Wasserturbinen gefertigt werden sollen. 1,5 Millionen Kilowattstunden Strom wird das Unternehmen jährlich erzeugen. „Das Konzept entspricht unserer Vorstellung von glaubwürdigem Management“, sagt Firmenchef Manfred Volk, der einst gegen das AKW Wyhl kämpfte. Bernward Janzing

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen