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Patt im Streit um Garbaty-Villa

■ Überraschende Wende im Streit um die neue Bundesgeschäftsstelle der "Republikaner" im Berliner Bezirk Pankow. Das Grundstück, das die Reps beziehen wollen, war nie jüdischer Besitz

Ein klassisches Patt ist das Resultat im öffentlichen Kampf um die geplante Bundesgeschäftsstelle der „Republikaner“, denen vorgeworfen war, in eine ehamals jüdische Villa in Pankow einziehen zu wollen.

Die „Republikaner“ wollen nach Auskunft ihres Bundespräsidiumsmitglieds Gerhard Tempel in ein Gebäude in der Berliner Straße 128 ziehen. Der Berliner Wolfgang Seifert hat ihnen das entsprechende Grundstück vermietet. Die Nachbarvilla, Berliner Straße 126/127, war bis Ende der 30er Jahre im Besitz des jüdischen Zigarettenfabrikanten Moritz Garbaty, der durch die Nazis enteignet wurde und emigrierte.

Beide Grundstücke aber gehen ineinander über, da 1976 nach Auskunft von Andreas Bossmann, Baustadtrat von Pankow, das Grundstück 128 dem Grundstück 126/127 zugeschlagen wurde. Deshalb steht das „kleine Haus“ oder „Gartenhaus“, das die „Republikaner“ auf dem Grundstück 128 mieten wollen, zum Teil auch auf dem Grundstück 126/127, also auf ehemals jüdischem Besitz.

Vor dem Gelände hatte am Dienstag eine Demonstration von mehreren hundert Menschen stattgefunden, die sich gegen den Einzug der „Republikaner“ aussprachen. Aufgerufen zur Demonstration hatten die Pankower SPD sowie die Jüdische Gemeinde zu Berlin.

Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, hatte den „Republikanern“ vorgeworfen, sie seien keine Partei, sondern eine PR-Agentur für Ausländerfeindlichkeit, „die wir hier nicht haben wollen“. Daraufhin hatte der Bundesvorsitzende der „Republikaner“, Rolf Schlierer, in einer Pressemitteilung hervorgehoben, daß das Haus, in dem sie einziehen wollen, „zu keinem Zeitpunkt im Besitz der Familie Garbaty war“.

Der „Republikaner“-Chef forderte deshalb Nachama auf, „sich zu entschuldigen“. Gegen den Pankower Stadtrat Bossmann kündigte Schlierer eine Strafanzeige „wegen Nötigung, Bedrohung und der Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen“ an.

Bossmann wies die Vorwürfe der „Republikaner“ zurück. Wenn sie betonten, sie wollten lediglich das Grundstück in der Berliner Straße 128, das nach Auskunft des Zentralen Grundbucharchivs nie den Garbatys gehörte, sei dies „ein Konstrukt“: Offenbar habe man die „Katze beim Mausen erwischt“. Bossman unterstrich, unabhängig von der rechtlichen Frage gehe es um den ganzen Ort, denn das gesamte Grundstück sei von der jüdischen Kultur Pankows geprägt.

Der „Republikaner“-Funktionär Tempel sprach dagegen von einer „widerlichen Art der Hetze“, die gegen seine Partei losgetreten worden sei. Tempel zufolge wollte die Partei nie in das Grundstück 126/127 einziehen.

Nach Auskunft des zentralen Grundbucharchivs war die Familie Garbaty von 1920 an Eigentümer des Grundstücks Berliner Straße 126/127. Der Alleineigentümer Moritz Garbaty übertrug das Grundstück auf die Zigarettenfabrik, 1949 ging es in Volkseigentum über.

Das Grundstück Berliner Straße 128 war dagegen seit 1894 im Besitz der nichtjüdischen Familie Steeger, die es nach Angaben des heutigen Besitzers Seifert bis 1964 im Eigentum hatte.

Unterdessen hat der Streit um die Grundstücke in der Berliner Straße eine überraschende Wendung genommen, da Seifert auch der Vermieter der Räume der Pankower PDS ist. Die hatte damit gedroht, ihren Mietvertrag zu kündigen, wenn Seifert an der Vergabe des umstrittenen Grundtsücks an die Reps festhalte.

Die „Republikaner“ hatten dagegen die PDS aufgefordert, „sich lieber selbst zur traurigen Vergangenheit ihrer eigenen Geschäftsstelle in Pankow zu bekennen“. Nach Auskunft von Thomas Obst, des dortigen PDS-Geschäftsstellenleiters, war in den Räumen seiner Partei in der Nazizeit eine Geschäftsstelle der NSDAP untergebracht. Philipp Gessler

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