: Von Polizisten, Anwälten und anderen Autoschiebern
■ Seit gestern stehen 13 mutmaßliche Mitglieder einer Autoschieberbande vor Gericht. Innerhalb eines Jahres sollen sie rund 80 Nobelkarossen ausgeschlachtet haben. Beteiligter Polizist geständig
Schwarz, schwarz und nochmals schwarz. So düster war es im Saal 220 des Kriminalgerichts Moabit selten. In dem holzgetäfelten Raum muß sich seit gestern eine mutmaßliche Autoschieberbande verantworten. Den 13 Angeklagten, pikanterweise sind ein Polizist und ein Rechtsanwalt darunter, wird schwerer Bandendiebstahl und Hehlerei beziehungsweise Verrat von Dienstgeheimnissen und versuchte Strafverteitelung vorgeworfen.
Nicht nur die schwarzen Roben der 29köpfigen Verteidigerriege verdunkeln das Bild. Schwarz sind auch die Aussichten der Angeklagten. Denn die 20. Strafkammer unter Vorsitz einer Richterin, die zu allem Überfluß noch Inken Schwarzmann heißt, ist für drakonische Strafen berüchtigt. In den Zeiten der Hausbesetzerprozesse in den 80erJahren haben Rechtsanwälte der nunmehr kurz vor dem Pensionsalter stehenden zierlichen Richterin nachgesagt, sie sei so schwarz, daß sie selbst in einem Kohlenkeller noch einen Schatten werfe.
In dem Verfahren gegen die 13 Angeklagten im Alter zwischen 23 und 59 Jahren geht es um bandenmäßigen Diebstahl von rund 80 hochwertigen Autos. Tatzeitraum war vom Juni 1997 bis zum März 1998. Der geschätzte Schaden soll sich auf zwei Millionen Mark belaufen. Sechs Männer sitzen in U-Haft. Die Wagen – bevorzugt waren die Marken BMW und Mercedes – sollen entweder in Privatgaragen oder stillen Waldgebieten ausgeschlachtet worden sein. Besonders begehrt waren Cabriolet- Tops, Lederpolsterungen und Leichtmetallfelgen. Einige PKWs sollen auch an Großhehler in Berlin und Bayern weiterverkauft worden sein. Alarmanlagen und Wegfahrsperren erwiesen sich nur selten als Hindernis. Einmal, als sich die Sirene an einem BMW partout nicht abschalten ließ, packte die Diebe offenbar die Wut. Der Wagen wurde mit einer von einem Fußtritt herrührenden Beule und aufgeschlitztem Verdeck gefunden. Bei einem geklauten Mercedes, der sich nicht verkaufen ließ, sollen die Leichtmetallfelgen einfach gegen Hartmetallfelgen ausgetauscht worden sein.
Vom Mechaniker über Verkäufer, Binnenschiffer, Eisenflechter bis hin zum Polizisten und Rechtsanwalt – auf der Anklagebank findet sich ein interessantes Berufsspektrum. Der 24jährige Polizist soll der Bande mit Hinweisen aus dem Polizeicomputer behilflich gewesen sein, indem er den Tätern etwa 50 Halteranschriften von im Straßenverkehr gesichteten, interessanten Objekten mitteilte. Als Belohung soll ein gestohlener PKW gewunken haben.
Der vom Dienst suspendierte Beamte ist nach Angaben seines Anwaltes geständig. Anders verhält es sich bei dem angeklagten Rechtsanwalt Gerd St. Der 59jährige, zwei Meter große Mann, der in Justizkreisen kein Unbekannter ist, soll einem Mitangeklagten im Verlaufe der Ermittlungen geraten haben, aus Deutschland zu verschwinden und Beweismittel beiseite zu schaffen. In einer Presseerklärung bestritt St. die Vorwürfe und bezeichnete die Aktivitäten des Staatsanwaltes als „wadenbeißerisch“. Er habe die ihm angelasteten Äußerungen nicht getan.
Der Prozeß, der bis Mai terminiert ist, wurde gestern nach mehreren Anträgen der Verteidigung bis Donnerstag vertagt. Plutonia Plarre
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